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Ich brauche keine Ampel

Donnerstag, 1. Oktober 2020 um 13:35

Von Bernd Niquet

Früher, zu Zeiten des Neuen Marktes, habe ich mir noch oft Bilanzen angeschaut. Heute habe ich dazu aber keine Lust mehr. Heute haben wir ja auch überall Ampeln, da braucht niemand mehr Bilanzen.

Und wenn es mal um Bilanzen geht, dann scheitern ja sogar die Wirtschaftsprüfer, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Bundesregierung.

Heute haben wir die Börsen-Ampeln, die Corona-Ampeln, natürlich die Verkehrs-Ampeln und bald sogar auf jeder Lebensmittel-Packung die Nutri-Score-Ampeln. Viele davon sind totaler Quatsch. Wer so etwas braucht, ist ohnehin kaum überlebensfähig. Die Evolution kannte schließlich auch keine Ampeln. Oder hat Charles Darwin etwa welche gefunden?

Ich erinnere mich noch gut an den Abend in Neapel. Napoli. Bella Italia. Es ist schon sehr lange her, hat mich jedoch stark geprägt. Wir waren abends noch vorne am Meer und wollten anschließend zurück zum Hotel. Und da mussten wir über die große Straße, die parallel zum Meer verläuft.

Es war wirklich schon sehr spät und es fuhren nicht viele Autos dort. Und dann gab es da diese Fußgänger-Ampel. Doch selbst wenn die auf grün schaltete und die Autos folglich rot hatten, fuhren sie trotzdem ungehindert weiter. Es waren ja keine Fußgänger da.

Danach war ich hin- und hergerissen, über Jahrzehnte. Denn einerseits, wer hier keine Disziplin zeigt, wie sieht es mit dem dann in anderen Situationen aus? Andererseits ist unser Leben doch überall durch Selbstverantwortung geprägt, und wenn ich eine Situation überblicke, warum soll ich da nicht nach meiner eigenen Verantwortung handeln?

Ich bin mir sicher, dass von 80 Millionen Deutschen 79,99 Millionen auch heute noch in solch einer Situation anhalten würden. Ich bin in dieser Hinsicht jedoch Italiener. Ganz schwierig ist es nur, wenn man Fußgänger ist und Kinder neben sich hat. Denn einerseits soll man ja ein gutes Beispiel abgeben, andererseits fragt sich jedoch, ob das vermeintlich gute Beispiel wirklich so gut ist und nicht das Selbstdenken und die Selbstverantwortung der sturen Regelbefolgung überlegen ist.

Neulich habe ich selbst erlebt, wir tödlich es sein kann, sich auf Regeln zu verlassen. Da kam ich bei großer Hitze aus dem S-Bahnhof und wollte nur noch so schnell wie möglich auf die andere Straßenseite in den Schatten. Doch als die Fußgängerampel bereits grün zeigte, brausten noch mit überhöhter Geschwindigkeit zwei Autos über den Fußgängerüberweg. Auf der Straße muss da bereits seit Ewigkeiten rot gewesen sein.

Hätte ich mich hier an die Regeln gehalten, würde ich diese Kolumne jetzt nicht mehr schreiben können. (Was natürlich auch gewissen Vorteile hätte...)

Verkehrs-Ampeln finde ich jedoch insgesamt wichtig und richtig. Was für andere Ampeln, Ampeln, die ich Bewertungs-Ampeln nenne, nicht gilt. Konkret: Wer zu dämlich oder zu kurzsichtig ist, die Kalorienangaben auf einer Lebensmittelpackung zu verstehen, ist ohnehin ohne Zukunft. Genauso wie jemand, der auf eine Börsen-Ampel schaut und deswegen zwangsweise mit der Masse geht, wohl kaum in der Lage sein wird, ordentlich für sein Alter vorzusorgen.

Interessant ist es dennoch, die den zukünftigen Lebensmittel-Ampeln zugrundeliegenden Kalorienangaben einmal wie eine Bilanz zu lesen, wie eine Körper-Bilanz. Da findet man wirklich die irrsten Dinge. Denn ein fetter Käse wie ein Gorgonzola, von dem man nur ganz wenig essen kann, wird ein rotes Ampelzeichen bekommen, wohingegen eine Tiefkühlpizza, von der man bestimmt gleich ein halbes Pfund zu sich nimmt, bei orange bleibt.

Und was in diesem Zusammenhang der Referenzmenge für den täglichen Bedarf eines durchschnittlichen Erwachsenen zugrundeliegt, ist tatsächlich gespenstisch. Zum Beispiel sind das 100 Gramm Zucker. Pro Tag! 100 Gramm, das bedeutet, dass eine große Tüte nicht einmal eine Woche lang reicht. Oder man umgerechnet 33 Würfelzucker am Tag essen kann. Die allgemeine Verfettung ist also vorprogrammiert.

Darum: Forget it! And think for yourself! Ampel heißt nicht aus Zufall im Englischen traffic light. Weil sie eben nur für den Verkehr da ist. Und nicht für die Börse, die Ernährung oder Corona.

 

Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet

 

******* Von Bernd Niquet ist ein n e u e s Buch erschienen *******

Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. FÜNFTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2019, 624 Seiten, 22 Euro

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Bernd Niquet und die Flüchtlingskrise. Die Geschichte von Bernd Niquet ist mittlerweile in den Jahren 2015 und 2016 angekommen. Das ist die Zeit des massenhaften und ungehinderten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland. Die Hauptfigur der Ereignisse muss jetzt nicht mehr wie vorher nur die Lasten seines eigenen Lebens und seiner familiären Verhältnisse schultern, sondern sieht sich darüber hinaus gezwungen, aus sich selbst herauszutreten und sich ganz grundsätzliche weiterführende Gedanken zu machen.

»Immer, wenn die große Mittelmacht auf dem europäischen Kontinent verrückt spielt, resultieren daraus immense Verwerfungen. Wird der wirtschaftlichen Nord-Süd-Teilung zur Eurorettung jetzt auch noch eine kulturelle Ost-West-Spaltung zur Flüchtlingsrettung hinzugefügt? Denn das hieße ja nichts anderes als die bildliche Kreuzigung unseres Kontinents.«

Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und lebt trotz seines Umzugs im vergangenen Jahr weiterhin im selben ruhigen Außenbezirk von Berlin. Die ersten vier Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2018.

Der obige Text spiegelt die Meinung der jeweiligen Autoren wider. Instock übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche rechtliche oder sonstige Ansprüche aus.

 

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