Von Bernd Niquet
Es passt genau in die Jahreszeit: Was kann dem Fernsehen eigentlich als Bestes passieren bei der Live-Übertragung eines Ski-Abfahrtslaufes? Genau, ein großer Unfall. Denn dann kann man in den Bergungspausen wesentlich mehr Werbung senden als sonst.
Und was wünscht sich die Zeitungsredaktion als Schlagzeile für den Tag? Natürlich, einen großen Unfall, denn nichts steigert die Auflage besser. Auch dem Bruttosozialprodukt gefällt das alles sehr trefflich: Denn je kränker wir sind und je mehr Unfälle es gibt, umso stärker ist hier der Zuwachs.
Wir sind in einer Falle gefangen.
Das ideale Zukunftsunternehmen, dessen Aktien man für die Altersversorgung kaufen sollte, besitzt zwei Bereiche: Nahrungsmittelindustrie und Pharmasparte. Das ist wie beim dem alten Witz mit der Verhüterli-Fabrik in der Schweiz: Warum macht die Maschine denn da vorne Löcher rein?, will der Journalist wissen. Na, damit die Kinderwagen sich besser verkaufen, die wir auch im Angebot haben.
Nun soll es jedoch eine neue große Kommission geben, die sich ganz grundsätzlich mit dem Maßstab der Wohlfahrtsmessung auseinandersetzen und neue Konzepte entwickeln soll. Dass dabei gar nichts heraus kommen kann, ist jetzt schon klar: Denn auf Unfall- und Krankheitskosten zur Steigerung der Wirtschaftsleistung wird kein Staat freiwillig verzichten. Wer rechnet sich schon freiwillig arm? Sollten jedoch umgekehrt zukünftig auch nicht finanzielle Wohlstanderhöhungen in die Leistungszahlen mit eingerechnet werden, öffnet das der Manipulation Tür und Tor.
Wir sind in einer Falle gefangen.
Wer sich heute nicht mehr selbst Essen machen kann, geht essen, wer nicht mehr lesen kann, kauft Hörbücher, wer sich nicht mehr die Nägel schneiden kann, geht ins Nagelstudio, wer den Hund nicht ausführen kann, lässt das von anderen tun, und wer sich nicht mehr um seine Kinder kümmern kann, gibt sie in eine Kindertagesstätte.
Ersteres erhöht den messbaren Wohlstand nicht, Letzteres hingegen schon. Doch in einer Geldwirtschaft müssen wir in Geldgrößen denken. Wir sind in einer Falle gefangen.
Heute, so sagt man, kann jeder alles erreichen. Heute ist jeder seines eigenen Glückes Schmied. Die Konkurrenz jeder gegen jeden wird als das geniale Mittel zur Steigerung der Wirtschaftsleistung gesehen.
Doch damit sind wir in einer Falle gefangen. Denn der finanzielle Wohlstand hat mit dem Gesamtwohlstand, an dem sich unser Leben bewertet, nur indirekt zu tun. Wir sind in einer Falle gefangen und kommen nicht heraus.
Für dieses Thema gibt es keine Lösung.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
… AUCH 2011 NOCH AKTUELL: DIE FINANZKRISE!
Bernd Niquet, "Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte", Leipzig 2010, 465 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86901-830-0.
Einige prominente Stimmen zum Buch:
„Es hat mir die Augen geöffnet.“ Bernard L. Madoff
„Ich schreibe seitdem ein eigenes Buch.“ Jérôme Kerviel
„Wir sind noch gar nicht tot.“ Richard Fuld
„Ich auch nicht.“ Bernard Cornfeld
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