Von Bernd Niquet
„Weißt du eigentlich, was die Amis gerade gemacht haben?“, fragt der Vater Anfang der Woche seine kleine Tochter. „Sie haben den Drahtzieher der ganzen Terroranschläge aufgespürt und umgebracht.“ Sie schaut verblüfft und fragt: „Dürfen die das denn?“ Tja, was soll der Vater seinem Kind da antworten?
Als ich die Titelseite meiner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ am darauffolgenden Tag sehe, komme ich mir vor, als sei ich auf einen fernen Planeten geraten. Oder habe ich Jahre im Koma verbracht? Hat diese Welt noch etwas mit der Welt zu tun, wie ich sie kenne? Oder sind heute der 1. April und Halloween auf einen Tag gefallen?
Die Schlagzeile über der ganzen Seite lautet: „Amerika bejubelt bin Ladens Tod“. Und etwas kleiner darunter: Merkel: „Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, ihn zu töten.“
Die weiteren Überschriften der Titelseite lauten: „SPD führt 15-Prozent-Quote für Migranten ein“. Und: „Jens Weidemann an der Spitze der Bundesbank“.
Mir fehlen die Worte. Sind das Scherze oder ist das ernst. Was ist aus unserem Land geworden? Was ist aus unserer Demokratie geworden? Was ist aus unserem Geld geworden? Und was ist aus unserer Kultur geworden?
Ich glaube, ich begreife das alles nicht mehr.
Ein Leser hat mir hinsichtlich meiner Verehrung von John Maynard Keynes geschrieben, er glaube nicht, dass Keynes in der heutigen Welt noch etwas retten könne. Ein anderer Leser weist mich auf ein Rap-Video hin, das die theoretischen Auffassungen von Keynes und den Österreichern in Verkörperung von Hayek gegenüber stellt.
Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt noch glaube, dass irgendjemand überhaupt noch irgend etwas retten könnte.
Die Optimisten sagen, so lange die Wirtschaft schneller wächst als die Staatsschulden, stellen diese kein existentielles Problem dar. Dass unser Heil im Geldausgeben und nicht in der Sparsamkeit liegen soll, ist natürlich für einen historisch orientierten Menschen mehr als fremdartig.
Also doch Keynes? Aber nein, man darf sich nicht mehr auf ihn berufen, denn man hat von ihm nur genommen, was man wollte. Die bittere Medizin, im Aufschwung nämlich Reserven anzuhäufen, hat man verweigert.
Dann die Österreicher? Ist es allerdings möglich, dass sich eine Demokratie dem freien Markt ausliefert? Nein, das ist nicht vorstellbar. Der Staat kann nicht zusehen wie anno 1929, wenn die Wirtschaft zusammenbricht.
Was bleibt also? Quoten für Terroristenliquidationen, Geld auf die Weide, Jubelsprünge auf Gräbern, den Kindern beibringen, mit dem Strom zu schwimmen? Wenn die Natur sich Bahn bricht, kann der menschliche Kopf nicht mehr dagegen an, egal, was er tut.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
… AUCH 2011 IMMER NOCH AKTUELL: DIE FINANZKRISE!
Bernd Niquet, "Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte", Leipzig 2010, 465 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86901-830-0.
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