Von Bernd Niquet
Wie saniert man eine angeschlagene Wirtschaft, die nicht recht wächst und von hohen strukturellen Defiziten gezeichnet ist? Im Prinzip gibt es dazu zwei Wege, ich will sie einmal den keynesianischen und den (neo)klassischen, österreichischen oder auch angebotsorientierten Weg nennen.
Das bedeutet: Entweder der Staat mischt sich noch weiter ein als vorher und versucht, notfalls unter Eingehen weiterer Defizite, die Wachstumskräfte der Wirtschaft zu stimulieren, oder aber er mischt sich heraus und versucht durch das Außerkraftsetzen von Reglementierungen, die Angebotsbedingungen zu verbessern und dadurch wieder Wachstum zu genieren.
Diese beiden Wege stehen sich also anscheinend diametral entgegengesetzt gegenüber. Das ist doch klar ersichtlich. Aber ist das wirklich so?
Ich werde nie meine Examensprüfung an der Universität Mitte der achtziger Jahre vergessen. Damals regierte in den USA Ronald Reagan mit seinen Supply-Sidern, die sich den zweiten Weg auf die Fahnen geschrieben hatten, nämlich ein Herausmischen des Staates aus der Wirtschaft.
Ich war ein großer Fan der Supply-Sider, habe täglich das Wall Street Journal gelesen sowie alle Bücher von Jude Wanniski, Arthur Laffer und Jack Kemp. Den Tax-wedge abbauen, hieß es da, die Steuern heruntersetzen, dann werden die Menschen mehr arbeiten und mehr verdienen, die Wirtschaft wird wachsen und es werden mehr Steuern gezahlt.
Ich war total begeistert.
In der mündlichen Prüfung Volkswirtschaftspolitik wurde ich dann jedoch gefragt: Macht Reagan nicht eher eine keynesianische Politik (mit seinen Defiziten)? Ich war total unvorbereitet, habe wohl nur gestottert und mir durch diese Prüfung beinahe die Gesamtnote versaut.
Heute nun lese ich von Paul Ryan, dem US-Kongressabgeordneten der Republikaner, der für den gegen Obama gerichteten Haushaltsentwurf der Republikaner verantwortlich ist. Und wenn man ein bisschen älter ist, wird die Geschichte oft eine Angelegenheit zum Schmunzeln. Denn alles wiederholt sich stets und erneut geht es hier um die alten Ideale der Angebotstheorie.
Das Wall Street Journal schreibt dazu, bei diesem Entwurf würde es sich um eine „Sternstunde unserer Generation“ handeln. Also wieder. Eine Sternstunde. Aber eben nur der gegenwärtigen Generation. Paul Ryan ist 1970 geboren, als Reagan zum Präsidenten gewählt wurde, war er zehn. Und so werden die alten Geschichten eben wiederholt.
Lernen kann man nur aus den eigenen Fehlern, wenn überhaupt. Man muss also alles mindestens zweimal erleben, um es richtig zu begreifen.
Insofern ist also auch das Neue stets nur das Alte. Meistens fängt es gut an, endet dann jedoch im Immergleichen. Egal ob Angebots- oder Nachfragepolitik, am Ende werden die Defizite doch immer größer. Weil eine Demokratie einfach nicht anders kann. Entweder man stimuliert endlos weiter – oder man hört auf, muss sich dann aber um die Armen kümmern, die nicht mehr mitkommen.
Alles andere ist nur Gerede.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
… AUCH 2011 IMMER NOCH AKTUELL: DIE FINANZKRISE!
Bernd Niquet, "Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte", Leipzig 2010, 465 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86901-830-0.
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