Von Bernd Niquet
Man kann ja von den Politikern und Eurokraten halten, was man will. Es ist durchaus legitim, zu sagen, der Staat mische sich überall ein und überziehe alles mit seinen Verordnungen. Wir stünden unter dem Diktat von Brüssel. Und die Politiker hätten keine Ahnung. Mir würde dazu auch noch viel mehr einfallen.
Das alles ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen.
Dennoch kann ich die Leute, die sich dagegen formieren und meinen, man solle alles den Märkten überlassen, nicht verstehen. Kein Stück.
Da gibt es die Marktliberalen und auch diejenigen, die sich heute auf die Österreichische Schule berufen. Sie wollen keine staatlichen Rettungsprogramme, sondern kaputtgehen lassen, was aus ihrer Sicht kaputt gehen muss. Man müsse Krisen wieder zulassen. Das klingt gut und ist natürlich auch nicht falsch.
Und dennoch frage ich: Möchten diese Leute tatsächlich, dass die Vermögenseigentümer und Geldverwalter die Welt in Gänze regieren? Denn das wäre die Konsequenz eines derartigen Denkens.
Ich begreife es absolut nicht.
Niemand scheint zu erkennen, dass wir mittlerweile nicht mehr in Volkswirtschaften leben, in denen die Güter im Mittelpunkt stehen, sondern in finanzdominierten. Und alle Plädoyers des traditionellen Liberalismus wie auch die Österreichische Schule bezogen sich auf diese Wirtschaftsform.
Den Verschiebern von Vermögen jedoch mit einem Freibrief das Feld zu überlassen, ist aus meiner Sicht Wahnsinn. Wollen wir tatsächlich diese Leute die Welt regieren lassen? Ich kann es gar nicht fassen, dass viele Menschen tatsächlich dieser Meinung sind. Das alles wird sich einmal als ein riesiger Irrtum entpuppen.
Man schaue doch auch nur einmal auf die dahinterstehende Philosophie. Bei Adam Smith beispielsweise ist es die Arbeitsteilung in der Herstellung von Brot und Fleisch, die den Markt attraktiv machen. Antriebsfeder der Menschen ist es dabei, eine bessere Güterversorgung zu erreichen.
Doch was ist die Triebfeder der Finanzsphäre? Alle Denkschulen der Menschheitsgeschichte haben über Jahrtausende hinweg Gier und Habgier verdammt. Doch wir machen sie heute zum zentralen Baustein der Regentschaft unserer Welt. Wenn man vorsichtig bleiben will, kann man sagen, dass das aus historischer Perspektive zumindest ein gewagtes Experiment ist.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
… AUCH 2011 IMMER NOCH AKTUELL: DIE FINANZKRISE!
Bernd Niquet, "Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte", Leipzig 2010, 465 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86901-830-0.
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