Von Bernd Niquet
Ein Freund fragt bei mir an, ob ich das Modell der Spardosen-GmbH kennen würde und ob das nicht etwas wäre. Da bringt man seine Aktien in eine neu gegründete Vermögens-GmbH ein und kann dann die Kursgewinne und Dividenden steuerfrei kassieren.
Und was ist, wenn die GmbH dann die Gewinne an den Anleger ausschüttet?, frage ich zurück. Die Steuerfreiheit in der GmbH nützt ja nichts. Daraufhin schickt er mir den Artikel der „Börse Online“, aus dem er diese Idee hat.
Er beginnt mit einer Fallschilderung über Susanne Klatten, Deutschlands reichster Frau: Als ihr Unternehmen Altana nach dem Verkauf der Pharmasparte eine Superdividende ausschüttete, steht da, flossen Frau Klatten 2,44 Milliarden Euro zu, die der höchsten Steuerprogression unterworfen und damit zur Hälfte vom Finanzamt geschluckt worden wäre, hätten kluge Steuerberater nicht die obige Konstruktion gewählt.
In mir steigt sofort ein heiliger Hass hoch. Wenn diejenigen, die reich sind, ihre Steuern nicht zahlen, wer soll sie dann zahlen? Diejenigen, die arm sind vielleicht? Meine Güte, Frau Klatten verfügt über ein Vermögen von mehr als 14 Milliarden Dollar, sie sollte sich schämen, solche Tricks anzuwenden.
Wobei ich nach der ersten Aufregung meine Position etwas relativieren möchte: Hier handelte es sich um keine reine Dividende, sondern gleichsam um Ausschüttung von Substanz, da halte ich so etwas schon für halbwegs legitim.
Doch in heutigen Zeiten, wo die Kapitalerträge nach neuer Regelung sowieso nur noch mit 25 Prozent + Soli gegenüber 45 Prozent + Soli für Arbeitseinkommen besteuert werden, ist so ein Vorgehen nicht zu dulden.
Und dass Finanzzeitschriften wie die „Börse Online“ so ein GmbH-Modell nun breiten Anlegerkreisen vorschlägt, streift für mich die Grenze zur Kriminalität. Die sollten sich schämen!
Was wollen die Kapitaleigner denn noch? Reicht es nicht, dass sie beinahe nur noch die Hälfte des Steuersatzes bezahlen, der für diejenigen gilt, die viel und hart arbeiten, muss es nun noch weniger sein? Reicht diese schon völlig ungerechtfertigte Bereicherung nicht aus?
„Börse Online“ führt aus, dass auf Ausschüttungen dieser Spardosen-GmbHs an den Anleger schließlich nur noch 15 Prozent Steuer zu zahlen wäre, also ein Drittel des Satzes erfolgreicher Arbeitender. Die sollten sich wirklich schämen!
Ich weiß noch, wie ich Anfang des vergangenen Jahrzehnts für die „Financial Times Deutschland“ Buchbesprechungen geschrieben habe. Eines Tages kam dann ein Päckchen mit Steuertrick-Büchern, Versteuerung in Liechtenstein etc. Das, habe ich gesagt, bespreche ich nicht, solche Bücher halte ich für unmoralisch.
Und was ist passiert? Es ist sofort der Nächste eingesprungen, der heute zudem zu einem bekannten Mann der Finanzszene aufgestiegen ist. Ich bin halt nur ein kleiner naiver Idealist. Und trotzdem fühle ich mich gerade so außerordentlich wohl.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
… AUCH 2011 IMMER NOCH AKTUELL: DIE FINANZKRISE!
Bernd Niquet, "Wie ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängte", Leipzig 2010, 465 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-86901-830-0.
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