Von Jochen Steffens
John Paulson, eigentlich einer der bekannten Gold-Bullen, hat offenbar von Juni bis September dieses Jahres Gold im Wert von knapp 2 Milliarden US-Dollar verkauft. Das entspricht in etwa einem Drittel seiner bekannten Goldpositionen. Er reiht sich damit nun in eine Reihe von anderen Hedge-Fonds-Managern ein, die sich in diesem Jahr von ihren Goldbeständen teilweise oder überwiegend getrennt hatten, darunter auch so illustre Gesellen wie George Soros
Anleger sind nun hin- und hergerissen: Warum verkauft gerade Paulson? Ist dies ein Zeichen dafür, dass der Goldpreis tatsächlich überhitzt ist und dass auch er das Vertrauen in Gold verloren hat? Soll man, wenn die großen Jungs verkaufen, noch investiert bleiben? Fragen über Fragen. Bis jetzt gab es zu diesen Verkäufen noch kein Statement, sodass viel Raum für Spekulationen bleibt.
Allerdings sollte man einen Umstand beachten: Paulson hat ein Problem. Der einstige Finanzguru, der einer der großen Gewinner der Immobilienkrise gewesen ist, hat in diesem Jahr einen groben Fehler gemacht. Er hat zu früh auf eine Erholung der US-Konjunktur gesetzt. Dann kam die aktuellen Schuldenkrise, die ihn offensichtlich auf dem falschen Fuß erwischt hat. Es wird geschätzt, dass er zwischen 5 und 8 Milliarden Dollar Verlust erlitten hat. Diese Fehleinschätzung führte dazu, dass zum Beispiel einer seiner Fonds bis zum September, also in der Zeit dieser Goldverkäufe, knapp 50 Prozent an Wert verloren hat.
Aus diesem Grund wird vermutet, dass er einfach Cash brauchte, um Anleger auszuzahlen, die nach den heftigen Kursverlusten des Fonds ihr Kapital abgezogen haben. Und das wird wahrscheinlich auch der Grund für diese Verkäufe gewesen sein. Ich könnte mir zudem vorstellen, dass er mit diesen Verkäufen unter anderem auch einfach die Gewichtung der Goldposition im Gesamtportfolio anpasst. Man kann also noch nicht davon ausgehen, dass dieser Verkauf eine Abkehr Paulsons von seiner Goldspekulation ist.
Fader Beigeschmack
Und trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack, der auch dadurch unterstützt wird, dass mittlerweile immer mehr Analysten davon sprechen, dass Gold dramatisch überbewertet sei. Vielleicht erinnern Sie sich, ich hatte bereits im Sommer, also noch vor dem massiven Einbruch des Goldpreises, gewarnt, dass Gold mit Vorsicht zu genießen sei. Diese Warnung muss auch aufrechterhalten werden, obwohl sich Gold wieder deutlich erholte.
Als Anleger sollten Sie daran denken, dass, wenn diese Krise vorbei geht, der Goldpreis auch stark einbrechen könnte. Jüngste Umfragen belegen den Goldkauf von deutschen Anlegern aus Angst. Wenn diese Angst ihren Nährboden verliert, könnte auch der Goldhausse der Nährboden entzogen werden. Und wir kennen die Börse, Kurse fallen, wenn die Käufer fehlen.
Aber leider gilt auch beim Goldpreis, fast mehr noch als bei Aktien, dass die fundamentale Situation nur eine untergeordnete Rolle spielt. Wichtiger ist, ob die Krise weitergeht oder nicht. Kommt es zu einer Eskalation und damit zu einem Zusammenbruch größere Banken und daraus resultierend vielleicht sogar zu einer anhaltenden Wirtschaftskrise, dürfte der Goldpreis immer weiter steigen. Wird die Krise gelöst, werden wir stark fallende Kurse sehen.
Jede Goldspekulation ist damit eine Spekulation auf den Fortgang der Krise – machen Sie sich das bewusst!
Jochen Steffens ist Chefredakteur des kostenlosen Newsletters "Steffens Daily". Weitere Informationen finden sie hier.