Von Bernd Niquet
Man kann es eigentlich nicht mehr hören. Doch soll man deswegen schweigen? Wir sind eines der reichsten Länder der Erde. Wir sind so reich, wie wir noch niemals in der Geschichte unseres Landes gewesen sind. Ja, wir sind so reich, wie noch niemals Menschen auf dieser Erde gewesen sind.
Und dennoch werden wir von Armut schlichtweg überrollt.
Wir verspielen unsere Zukunft.
Und es gibt eigentlich nur eine Diagnose, wo die Ursache hierfür zu finden ist: in der ungleichen Vermögensverteilung. Wir sind reich wie nie, doch an den entscheidenden Stellen herrscht Armut.
Ich möchte dazu nur zwei persönliche Eindrücke der vergangenen Woche schildern: Zuerst bin ich beim Rechtsanwalt. Wir kennen uns schon sehr lange. Er erzählt über seine Immobilien und was er mit seinem Geld machen soll. Ich gönne es ihm sehr.
Anschließend besuche ich eine junge Familie mit einem kleinen Kind, das gerade ein Jahr alt ist. Die Frau ist für ein Jahr im Mutterschutz gewesen, muss jetzt aber wieder anfangen, zu arbeiten, denn ansonsten reicht das Geld nicht.
Das Kind kann erst leidlich laufen und natürlich noch nicht sprechen. Es muss jetzt jedoch für fünf Stunden am Tag in die Kita abgeschoben werden. Das ist keine freie Entscheidung, es muss! Dann ist plötzlich nichts mehr mit den vertrauten Bezugspersonen. Der große Schnitt ist da.
Ich kenne mich nicht aus in Förderprogrammen und den ganzen Dingen, doch ich habe das klare Gefühl, dass in einem reichen Land, in dem so etwas passiert, etwas gehörig falsch läuft.
Aber vielleicht sollte das Kind froh sein, noch nicht in der Schule zu sein. Denn dort geht es ja keineswegs ums Lernen, sondern hauptsächlich um die Selektion. Und später wird man das dann Chancengleichheit genannt haben.
Doch was rege ich mich auf. Der Beschäftigungsstand in unserem Land ist so hoch wie noch niemals zuvor seit der Wiedervereinigung. Das ist doch wunderbar. Dass von diesen Einkommen allerdings niemand leben kann, ist allenfalls eine Fußnote wert. Und in der Tagespresse gibt es gar keine Fußnoten.
Wenn bald im unteren Lohnbereich jeder zwei Jobs bekleidet, müsste die Arbeitslosigkeit eigentlich deutlich unter Null fallen. Doch das wird der clevere Statistiker schon zu verhindern wissen.
Die einen wissen nicht, wohin mit ihrem Geld und die anderen wissen nicht, woher sie das Geld nehmen sollen. Eine Lösung für dieses Problem gibt es nicht. Jedenfalls keine, an die ich denken möchte. Willkommen im Jahr 2012!
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
***********************UND VERGESSEN SIE NIE: DIE WIRKLICHE WAHRHEIT LIEGT IMMER JENSEITS DES GELDES !!!
BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.