Von Bernd Niquet
Am vergangenen Samstag kam etwas mit der Post, was ich so niemals für möglich gehalten hatte. Ein Päckchen meiner Bank, zwei Kilogramm schwer. Inhalt: Die Ausbuchung meiner alten Griechenlandanleihen und Einbuchung der neuen.
Ich hatte ja für die Umschuldung gestimmt, doch das hier ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Ich brauche eine Weile, um zu verstehen, was da genau passiert ist. Jetzt denke ich jedoch, es verstanden zu haben. Und es ist wirklich ein bisschen gruselig.
Ich begreife jetzt sogar, dass es wahrscheinlich nicht anders ging. Es ist aber wirklich hart. Und ich ärgere mich, so naiv gewesen zu sein. Aber es geht eben nicht anders. Doch eigentlich ist es trotz Nicht-Pleite eine richtige Pleite geworden, was da mit den Griechenanleihen passiert ist.
Doch was ist eigentlich genau geschehen? Die alten Griechenland-Anleihen waren von 100 % des Nominalwertes auf etwa 30 gefallen. Da hatte ich noch einmal zugekauft, denn das schien mir eine interessante Geschichte zu sein, selbst bei einem Schnitt von 50 Prozent. Dem ist jedoch leider nicht so. Kurz vor dem Schnitt sind die Papiere wohl noch auf 20 oder sogar darunter gefallen, doch da habe ich nicht mehr hingeschaut.
Jetzt sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Für 100 Euro alter Anleihen hat jeder Halter 15 Euro Anleihen des Rettungsfonds EFSF bekommen, sowie 31,5 neue Griechenlandanleihen. Macht zusammen die vielbeschworenen 46,5 %. Nominal!
Leider jedoch liegt der Nominalwert weit entfernt vom Kurswert. Die EFSF-Anleihen notieren zwar annähernd bei pari, doch die neuen Griechenlandanleihen bei weitem nicht. Hier hat der Anleger für jede alte Anleihe 20 (!) neue bekommen, in den Fälligkeiten von 2023 bis 2042.
Sie notieren derzeit zwischen 29 % für die kürzeste und 21 % für die längste Laufzeit. Im Mittel ergibt das etwa einen Kurswert von 25 %. Dieser Kurswert ist jedoch nicht mehr auf die alten 100 % zu beziehen, sondern nur noch auf den 46,5%-Anteil. 25% von 46,5% sind 11,60.
Das macht zuzüglich der 15 % EFSF zusammen einen aktuellen Kurswert der nach dem Umtausch erhaltenen Papiere von 26,5 % vom ursprünglichen Nominalwert. Meine Käufe zu 30 liegen also im Minus. Und mein erster Kauf bei 80 sogar im Desaster.
Griechenland hat mehr als die Hälfte seiner Schulden verloren – und trotzdem liegt die Marktbewertung seiner Anleihen genauso tief wie vorher.
Leider war ich in einer anderen Kolumne am vergangenen Wochenende einer Fehlmeldung in der Presse aufgesessen, wie ich überhaupt finde, dass der Journalismus in diesem Punkt wieder einmal vollkommen versagt hat. Wenigstens hier gibt es einmal 100 %!
Auch ist über die Tatsache, dass durch den Zwangstausch die Kreditversicherungen nun doch fällig geworden sind und jetzt eigentlich das Weltfinanzsystem kaputt gegangen sein müsste, kaum ein Wort zu lesen.
Doch ich gebe zu, dass ich mich darum auch nicht viel geschert habe, schließlich musste ich meine gesamte Zeit mit dem dummen Herumrechnen verbringen. Ich hatte einfach keine Zeit für den Untergang. Anscheinend ist das vielen anderen wohl auch so ergangen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.