Von Bernd Niquet
Irgendwie ist das alles im Moment nicht zu verstehen, für mich jedenfalls nicht. Griechenland ist erst einmal gerettet, die Gläubiger haben auf gut die Hälfte ihrer Forderungen verzichtet, liest man in der Presse. Doch ist das denn eigentlich wirklich so?
Und jetzt sollen gleich zwei neue Rettungsschirme geschaffen werden mit einem Gesamtvolumen von einer Billion Euro, um die anderen Problemstaaten zu schützen, doch ist der Griechenland-Fall nicht andererseits auch irgendwie verlockend für jeden Schuldner?
Müssten wir augenblicklich nicht auch immense Verwerfungen im Weltfinanzsystem beobachten, wo nun doch die Kreditversicherungen fällig geworden sind – und auch die neuen Griechenlandanleihen nicht höher notieren als die alten.
Eigentlich müsste die Welt derzeit untergehen – und gleichzeitig im neuen Licht erstrahlen. Wer soll da noch etwas verstehen?
Basierend auf den aktuellen Kursen beträgt der Wert der Griechenland-Engagements der Anleihegläubiger derzeit nur noch gut 22 Prozent des ursprünglichen Nennwertes. Der reale Schnitt ist damit weit größer gewesen als der, den wir den nominellen Zahlen und Zeitungskommentaren entnehmen können.
22 Prozent – das ist eigentlich eher eine Konkursquote. Beim Default von Argentinien hat es auch nicht weniger gegeben. Griechenland ist jedoch nicht Pleite, die Griechenlandgeschichte wird nur für die Gläubiger zur Pleite. Und trotzdem passiert nichts. Es gibt keine Verwerfungen an den Märkten, im Gegenteil, die Aktien sind seit der Griechenlandumschuldung gut angestiegen.
Das passt natürlich zu meiner Lehman-Brothers-These, dass der Crash 2008 gar nichts mit dieser Pleite zu tun hatte. Das ist nur hinterher so konstruiert worden.
Die Absorptionsfähigkeit und Stabilität der Märkte ist also weit höher als gedacht. Doch was bedeutet das nun eigentlich für die Zukunft?
Oder anders gefragt: Wozu haben wir eigentlich Rettungsschirme in dreistelliger Milliardenhöhe, wenn trotzdem Gläubiger und Schuldner jetzt im Regen stehen? Haben wir sie nur, um zu sehen, dass die Gläubiger gar nicht aus Zucker sind, wie vorher gedacht?
Ich kann mich in meinem Leben an keine Phase erinnern, wo die Welt nicht kurz vor dem Untergang stehen sollte, erst durch den Kalten Krieg, dann durch das Öl, später durch die Umwelt, und jetzt durch das Klima und die Finanzen.
Und trotzdem ist jeder neue Tag wie der alte. Überall wird herumgewurschtelt, mit Milliarden gerettet, dadurch jedoch Billionen riskiert, und trotzdem verläuft der nächste Tag immer so wie der vorherige. Erst viel Aufregung und anschließend genauso viel Abregung.
Ich könnte jedoch nicht sagen, dass ich das irgendwie begreife.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.