Von Bernd Niquet
Da ich jetzt bereits seit zwei Wochen bei unserem Rechtssystem bin, möchte ich auch noch eine weitere Woche dabei bleiben, obwohl mich dieses Thema durchaus bedrückt und nervt. Ich fühle mich so machtlos, man ist so ausgeliefert, wenn man in diese Mühlen kommt. Und es ist so verdammt schwer, hier richtig gegen falsch abzuwägen.
Die bekannte Hochspringerin Ariane Friedrich ist schon oft belästigt worden von Fans, die eigentlich gar keine Fans sind. Jetzt hat sie gehandelt und den Namen und die Adresse eines Mannes, der sie behelligt hat, öffentlich gemacht.
Und nun geht die Diskussion um die Frage: Darf man das eigentlich? Und ich denke: Was würde ich machen?
Zunächst einmal habe ich natürlich viel Sympathie für diesen Schritt. Geschieht dem Mann Recht, denke ich. Und ich finde es beinahe unerträglich, wenn jetzt überall von den Persönlichkeitsrechten des Täters geredet wird, die es zu schützen gilt.
Das ist doch wieder die typische Geschichte: Um die Rechte der Täter macht man sich einen riesigen Kopf, das Leiden der Opfer bleibt jedoch weitgehend unthematisiert. Und wenn dann darüber berichtet wird, umso schlimmer. Helfen müsste man den Opfern, doch dafür reichen die Kapazitäten nicht.
Immer wieder muss ich an die Zwickmühle denken, in der diejenigen stecken, die Zeugen eines Verbrechens geworden sind, sich aber nicht trauen, als Zeuge aufzutreten, weil sie bedroht werden. Und ich bin sicher, ich würde mich auch einschüchtern lassen und hätte nicht den Mut, einer Bedrohung die Stirn zu bieten.
Denn wie sollte die Polizei einen dann schützen? Und eine neue Identität ist ja auch keine schöne Lösung.
Die Situation von Ariane Friedrich ist dagegen weit weniger gravierend – und dennoch nicht ganz so einfach, wie sie mir am Anfang schien. Denn was ist, wenn dem Mann, der jetzt am Pranger steht, nur ein übler Streich gespielt worden ist?
Das Beste wäre sicherlich, sich mit dem Mann in Verbindung zu setzen und zu drohen, wenn er nicht sofort aufhöre, dann zu handeln. Doch genau das wollen die Belästiger ja, dass sich die Belästigten mit ihnen in Verbindung setzen.
Es scheint also keine tragbare Lösung zu geben, außer wieder diejenige, die es immer gibt: Das Opfer muss leiden und die Klappe halten. Und der Täter wird umhegt und gepflegt und kann sich meistens immer irgendwie herausreden.
Ich weiß allerdings auch keine Lösung. Und ich erinnere mich, als meine Tochter noch sehr klein war, da ging es oft um die Frage: Willst du das eine oder das andere? Und sie hat dann gesagt: Beides nicht! Vielleicht liegt es tatsächlich in der Natur des Problems, dass wir hier prinzipiell nicht weiter kommen als wir schon sind.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.