Von Bernd Niquet
Irgendwie habe ich ja eine Schwäche für Oscar Lafontaine. Vielleicht deswegen, weil er zu einer Zeit, als ich früher Prominente angeschrieben habe, als Einziger geantwortet hat. Oder weil er ja eigentlich mit vielem, was er sagt, Recht hat, auch wenn er sicherlich für ein politisches Amt nicht unbedingt qualifiziert und überdies mit dubiosem Ticket unterwegs ist.
In einer Zeitung finde ich nun das folgende Zitat mit Gedanken, die Lafontaine bereits seit Jugendtagen beschäftigt hätten: „In allen Gesellschaften wurde die ungleiche Eigentumsverteilung zum Problem, insbesondere wenn sie von jüdisch-christlichen Ideen geprägt waren. Vor Gott sind alle Menschen gleich, und das muss sich auf das Zusammenleben der Menschen auswirken. Darum – so können wir es schon im Alten Testament nachlesen – erfand Israel das Sabbatjahr. Nach einer Anzahl von Jahren mussten in Israel den Schuldnern die Schulden erlassen werden, und die Verteilung des Ackerlandes wurde neu verlost, um wieder Gleichstand herzustellen. Danach konnte der Wettbewerb der Menschen von Neuem beginnen. Aber nach einigen Jahren erhielt der Verarmte zurück, was er an den Reichen verloren hatte.“
Das klingt interessant, finde ich. Davon hatte ich auch schon etwas gehört. Das klingt zudem durchaus nach der heutigen Situation. Doch könnte man solche Lösung auch in der heutigen Zeit anwenden?
Anscheinend scheint das jedoch bereits im Altertum nicht funktioniert zu haben. Dazu finde ich bei Wikipedia die folgende Passage: „Diese Regelung führte jedoch dazu, dass vor dem Erlassjahr kaum noch Kredite gewährt wurden; um die Zeitenwende erlaubte deshalb der berühmte Schriftgelehrte Hillel bei Schuldverträgen eine Klausel anzuhängen, die das Eintreiben der Schuld zu jeder Zeit, also auch nach Ablauf der sieben Jahre, gestattete ("Hillels Prosbul").“
Ist ja auch völlig klar, denke ich. Denn wer würde sich schon richtig anstrengen, wenn er wüsste, dass nach sieben Jahren die Früchte seiner Arbeit wertlos sind und er wieder auf den gleichen Stand zurückfällt wie derjenige, der sich kaum eingesetzt hat. Und ginge die reine Umverteilung von Ackerböden und Schulden noch, so wäre das bei Unternehmen, Fabriken und auch Immobilien völlig unmöglich.
Und trotzdem haben wohl heute viele Leute das Gefühl, wir würden erneut auf so ein Ereignis zulaufen wie einen Schuldenschnitt, Währungsschnitt und/oder Vermögensschnitt. Und das ist natürlich kaum von der Hand zu weisen. Die Staaten sind finanziell am Ende, bald werden sie mit ihrer göttlichen Hand nicht mehr schützend in das Geschehen eingreifen können.
Dann werden wir eine neue Lösung suchen müssen. Mein Vater hat mir früher immer erzählt, wie erbost er als Schüler war, dass man im alten Ägypten den Bauern den Zehnten abnahm – bis er dann gemerkt hatte, dass die Steuern der Neuzeit um ein Vielfaches höher lagen. Mit 10 Prozent hatte man angefangen und lag dann schnell bei mehr als 50 Prozent.
Mal sehen, ob und wie das mit der Idee des Sabbatjahres und des Schuldenerlasses wird. Ein antikes Land hat damit ja bereits Erfahrungen gemacht.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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BUCH-NEUERSCHEINUNG: Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes“, Leipzig 2011, 506 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-86268-408-3.
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Das Geld hat den Menschen aus langen historischen Abhängigkeiten befreit. Wer heute etwas haben möchte, bezahlt mit Geld und muss keine anderweitigen Gegenleistungen mehr anbieten. Die meisten Bereiche unseres Lebens liegen allerdings jenseits des Geldes. Wie steht es jedoch jenseits des Geldes mit der Freiheit? Bernd Niquet verfolgt den Lebensweg einer Gruppe von Menschen und stellt fest, dass selbst der Wegfall materieller Restriktionen uns nicht von unseren alten Fesseln befreit. Im Gegenteil, die Vergangenheit bestimmt weit stärker über uns als die gesamte Geldsphäre das je vermag.