Von Jochen Steffens
„Wie endet eigentlich eine solche Krise?“ Das war die Frage, die mir ein Kollege am Wochenende stellte. Eigentlich ist die Antwort ganz einfach: „Unbemerkt“. Es stimmt, schließlich gibt es niemanden, der das Ende der Krise ausruft: „So, jetzt ist die Krise vorbei, nun kauft Aktien, Leute!“ Nein, normalerweise gehen Krisen einfach so sang und klanglos vorbei.
Die Nachrichtenlage verbessert sich, während sich immer noch viele im Untergangsmodus befinden. Doch mit der Zeit, wenn immer weniger schlechte Nachrichten publiziert werden, gerät die Krise einfach in Vergessenheit – als hätte sie nie existiert. Die Themen, die vorher noch heiß diskutiert wurden, versinken in der Bedeutungslosigkeit. Denken Sie zum Beispiel einmal an das fast hysterische Theater um die Abwrackprämie und andere Maßnahmen zurück, als in Deutschland Rezessionssorgen umgingen. Das alles ist vergessen – neue Themen haben die alten verdrängt.
Das Problem ist nur, wenn wirklich die Masse begriffen hat, daß eine Krise zu Ende ist, stehen die Kursen an den Börsen bereits wieder kurz vor neuen Extremen. Also bleibt die Frage, wie kann man sich als Anleger auf einen derart schleichenden Prozeß einstellen? Zumal niemals sicher ist, ob eine Krise tatsächlich schon vorbei ist oder ob es sich nur um eine kleine zwischenzeitliche Beruhigung handelt.
Auch hier ist die Antwort lapidar und zunächst scheinbar unbefriedigend: „Gar nicht!“ Sie können Ihr Anlageverhalten weder auf ein Ende der Krise einstellen, noch auf eine Fortsetzung. Niemand weiß, was geschehen wird. Doch das hat auch sein Gutes. Tatsächlich ist dieses Wissen um die Unsicherheit an den Börsen ein Vermögen wert. Denn nur wer das Risiko bei seinen Anlageentscheidungen berücksichtigt, also akzeptiert, daß er nicht wirklich weiß, was passieren wird, wird entsprechend vorsichtig agieren und dauerhaft von denen profitieren, die zu gierig sind.
„Zu hohe Risiken“ sind nämlich der Hauptgrund für das finanzielle Desaster, das so viele Menschen an den Börsen erleben (dazu zählt auch eine nicht vorhandene Risikoabsicherung, zum Beispiel durch Stopps). Meiner Meinung nach ist der zweithäufigste Grund für finanzielle Desaster das krampfhafte oder sogar trotzige Festhalten an den eigenen Überzeugungen (z.B. bearish / bullish sowohl für den Markt, also auch für einzelne Aktien oder Rohstoffe).
Erst dann folgen:
- massive Selbstüberschätzung
- mangelnde Sachkenntnis
Und noch einen Punkt sollte man hinzufügen: Beratung durch nicht unabhängige Dritte, die ein hohes Eigeninteresse an dem Verkauf von bestimmte Produkten (z.B. wegen Provisionen) haben.
Jochen Steffens ist Chefredakteur des kostenlosen Newsletters "Steffens Daily". Weitere Informationen finden sie hier.