Von Armin Brack
Zugegeben: Mit Mode, erst recht Damenmode, kenne ich mich nicht gut aus. Muss ich aber auch nicht, um ein Fan von Gerry Weber zu sein. Bei dem Unternehmen brummt das Geschäft, von Krise keine Spur. Auch nach einem Jahrzehnt konstanten Wachstums ist bei der Modefirma offenbar noch kein Ende der Expansion in Sicht. Ich gehe daher von weiter steigenden Kursen aus.
Das Unternehmen feierte im zweiten Geschäftsquartal erneut einen kräftigen Gewinn- und Umsatzsprung. Der Umsatz kletterte auch dank der Übernahme des Konkurrenten Wissmach und zusätzlicher eigener Filialen um 12,8 Prozent auf 211 Millionen Euro. Der Großhandel steuerte dazu 137,8 Millionen Euro (+3,4%) und der Einzelhandel 68,9 Millionen Euro (+34,3%) bei. Während sich die Verschiebung der Auslieferungstermine im Großhandel im ersten Quartal noch durch einen rückläufigen Umsatz bemerkbar gemacht habe, ist hier erfreulicherweise bereits die Trendwende erfolgt.
Unter dem Strich stand für die Zeit von Februar bis April ein Überschuss von 20,2 Millionen Euro und damit fast 29 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Operativ verdienten die Westfalen 29,3 Millionen Euro nach 25,1 Millionen vor Jahresfrist. Bereits im ersten Geschäftsquartal hatte Gerry Weber bei Gewinn und Umsatz deutlich zugelegt. Weil das Unternehmen Teile seiner Frühjahr- und Sommerkollektion erst ab Februar an seine Vertriebspartner auslieferte, fiel der Zuwachs im zweiten Geschäftsquartal jetzt noch deutlich stärker aus.
Angesichts der florierenden Geschäfte bekräftigte Konzern-Chef Gerhard Weber seine Jahresziele, bleibt aber auf dem Boden: Der Umsatz im Bilanzjahr 2011/12, das im Oktober endet, soll von 703 auf 795 Millionen Euro steigen, die Gewinnspanne vor Zinsen und Steuern (EBIT-Marge) von 14,2 auf bis zu 14,6 Prozent.
In den ersten sechs Monaten eröffnete der Konzern 43 in Eigenregie geführte Houses of Gerry Weber, 20 davon im Ausland. Hinzu kamen 25 Häuser, die durch Franchise Partner geführt werden. Damit betreibt Gerry Weber insgesamt 560 Modehäuser. Hinzu kommen 2.500 Shop-in-Shop-Flächen. Ein neuer Wachstumstreiber könnte in den USA entstehen: Seit Ende gibt es Gerry Weber Damenmode der Kernmarke auch in Übersee.
Bisher ist man allerdings nur mit zwei Shop-in-Shop-Flächen bei Bloomingdale‘s sowie elf Standorten beim Filialisten Dillard‘s aktiv, aber weitere Expansionspläne werden erarbeitet. Das könnte sich rentieren, denn die US-Amerikanerinnen scheinen die Modeartikel gerade erst für sich zu entdecken. Der Run auf die Filialen ist jedenfalls enorm.
Potential für weitere Läden bestehen unter anderem auch in den Benelux-Ländern, Russland sowie im Nahen Osten.
Für die Ermittlung des fairen Unternehmenswertes eines Unternehmens wie Gerry Weber gibt es zwei seriöse Bewertungsverfahren, die Multiplikatorenanalyse (MPA) und das sogenannte Discounted Cash Flow (DCF)-Modell.
Auf Basis des MPA-Verfahrens, das verschiedene Bewertungsrelationen vergleichbarer Gesellschaften auf den Zielkonzern anwendet, liegt der faire Wert der Aktie bei knapp über 40 Euro. Bei der DCF-Methode wird in erster Linie die zukünftige Leistungsfähigkeit des Unternehmens berücksichtigt, danach kommt das Papier des Modeunternehmens auf 35,50 Euro.
Fazit: Mehr Filialen, geringere Kosten: Gerry Weber verfügt über ein etabliertes Geschäftsmodell und mit dem deutlichen Ausbau des eigenen Retailgeschäfts, der Gewinnung weiterer Großhandelspartner in bestehenden und neuen Regionen, sowie einer verstärkten Lizenzierung der Marken auch über solide organische Wachstumspotentiale.
Der Umbau der seit März zugehörigen Wissmach-Filialen verläuft erfolgreich. Das Ziel des Unternehmens, die Monolabel-Stores weiter auszubauen, d.h. die Stärkung der kleineren Marken zu forcieren, scheint erreichbar. Aus den 200 Geschäften sollten vor allem Filialen der jüngeren Marke Taifun entstehen.
Die Aktie von Gerry Weber ist mit einem KGV von 17 mittlerweile zwar nicht mehr ganz billig, aber Qualität kostet eben immer etwas mehr.
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