Von Stefan Böhm
Die Automobilindustrie kam bislang äußerst unterschiedlich durch die Krise. Während die deutschen Hersteller durch ihre internationale Ausrichtung wesentlich weniger stark von der Rezession in Europa betroffen sind, hat es die Konkurrenten Fiat, Renault und Peugeot deutlich härter getroffen. Immerhin sucht Fiat mit Chrysler in den USA neues Wachstum, Renault hat mit Dacia eine gut gehende Billigmarke im Programm. Doch was ist mit Peugeot?
Die vertrackte Lage bei Peugeot ist ein Ergebnis fataler Fehleinschätzungen und von fehlendem strategischen Weitblick. Mit den Marken Peugeot und Citroen will der Konzern im Oberklassemarkt ebenso mitspielen wie bei den Kleinwagen. Das funktioniert nicht. Der Schwerpunkt des Geschäfts liegt nach wie vor in Europa. Im Geschäftsjahr 2012 wurden immer noch 62 Prozent aller Autos hier verkauft. Mit der Vertiefung der Krise in den südeuropäischen Ländern ist Peugeot ein wichtiger Markt weggebrochen und auch im Heimatmarkt Frankreich stockt die Wirtschaft und die Leute sorgen sich eher um ihren Arbeitsplatz als um das nächste Auto. Peugeots und Citroens sind nur mit hohen Rabatten zu verkaufen – schlecht für einen Konzern, der jeden Monat bis zu 200 Millionen Euro verbrennt. Doch es gibt inzwischen auch Lichtblicke. In so manchen Krisenstaaten kommen die Reformbemühungen voran, so dass ein Ende der Rezession näher rückt. Das würde freilich auch dem Automobilmarkt wieder etwas Leben einhauchen.
Intensive Sparbemühungen
Auch bei Peugeot selbst hat man mit Einschnitten reagiert. So wird das Werk in Aulny bei Paris geschlossen, um die Überkapazitäten einzudämmen. Nach den schlechten Zahlen aus dem ersten Quartal 2013 wurden zudem weitere Maßnahmen angedeutet. Die bevorstehenden neuen Modelleinführungen sollten sich zudem positiv auf Umsatz und Gewinndynamik auswirken. Doch ob das schon reicht, um den Teufelskreis zu durchbrechen, ist fraglich. In den Medien kam daher die Spekulation auf, das Unternehmen könnte eine Kapitalerhöhung benötigen, nachdem alleine 2012 2,5 Milliarden Euro verbrannt wurden. Das jedoch dementierte Peugeot umgehend. Die Barreserven von 7,3 Milliarden Euro (bei einer Marktkapitalisierung von 2,4 Milliarden Euro!) sowie ungenutzte Kreditlinien von 3,2 Milliarden Euro wären bis auf weiteres ausreichend.
Das heißt jedoch nicht, dass eine Kapitalerhöhung in den nächsten Monaten nicht doch noch kommen könnte. Die Anleger würden wohl auch mitziehen, wenn klar wäre, dass Peugeot mit dem Geld wieder auf eine stabile Basis kommen würde. Das wäre wohl nur mit weiteren Kapazitätsreduzierungen möglich. Dass eine Sanierung auch aus einem tiefen Loch heraus gelingen kann, zeigt das Beispiel GM. Der US-Autobauer hatte harte Einschnitte jahrelang verzögert mit der Konsequenz, dass der Staat als Retter einspringen musste. Heute verdient GM operativ pro Auto sogar mehr als vor der Krise. Es gibt also gute Gründe für eine gewisse Portion Skepsis, die auch die Analysten weitertragen. Seit Kurzem jedoch scheint sich die Stimmung zu drehen. Goldman Sachs und HSBC haben die Peugeot-Aktie als Halteposition eingestuft. Gut möglich, dass wie schon oft bald ein Herdentrieb einsetzt und weitere Aufwärtsrevisionen auf die Peugeot-Aktie zukommen.
Fazit: Peugeot ist ein Sanierungsfall, aber kein hoffnungsloser. Die Bewertung der Aktie könnte sich daher als deutlich zu pessimistisch herausstellen.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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