Von Stefan Böhm
Portugal war wohl nur bei wenigen Beobachtern noch richtig auf dem Schirm. Das dürfte sich nun geändert haben. Das drohende Auseinanderbrechen der Regierung in Lissabon und die unklaren Machtverhältnisse nach möglichen Neuwahlen hatten die Anleger in ganz Europa verschreckt. In Portugal, aber auch in anderen Euro-Krisenländern waren die Renditen der Staatsanleihen wieder nach oben geschnellt.
Zum Wochenschluss sah es schon wieder besser aus. Ministerpräsident Coelho erklärte die Regierungskrise für beendet. An den Börsen machte sich daher die Hoffnung breit, dass Neuwahlen vermieden werden können und es in Portugal doch auf dem eingeschlagenen Spar- und Reformkurs weitergehen wird. Die Aktienkurse zeigen seitdem wieder nach oben, die Renditen portugiesischer zehnjähriger Staatsanleihen sanken von zwischenzeitlich mehr als 8 auf 7,25 Prozent. Dieses Zinsniveau ist aber immer noch sehr hoch und zeigt, dass die Krise mitnichten schon wieder vorüber ist.
Zinsen in Eurozone bleiben niedrig
Mit Spannung wurde die Sitzung der EZB erwartet, in der wenig überraschend der Leitzins unverändert bei 0,5 Prozent belassen wurde. Interessanter war dann jedoch die Pressekonferenz. Bislang hatte sich die EZB nicht vorab für die Zukunft festgelegt, am Donnerstag vollzog Mario Draghi mit folgender Aussage jedoch eine Wende: „Die Zinsen werden für einen ausgedehnten Zeitraum niedrig bleiben“. Was man unter „ausgedehnt“ zu verstehen hat, blieb offen. Zu Portugal sagte Draghi, dass das Land bemerkenswerte Ergebnisse erzielt habe, was ein Verdienst der Regierung sei. Auch bei der neuen Finanzministerin Maria Luís Albuquerque sei Portugal in guten Händen. Auf einen möglichen neuen Schuldenschnitt in Griechenland wollte er dagegen nicht eingehen. Draghi verwies auf beträchtliche Erfolge, die das Land gemacht habe. Draghis Worte lassen zwei Schlüsse zu: Die EZB steht weiter Gewehr bei Fuß, um im Falle des Falles einzuschreiten und im Gegensatz zur Fed in den USA liegt die geldpolitische Wende in Europa in weiter Ferne.
Fazit: Draghis Worte haben an den Märkten nach wie vor Gewicht. Die Beruhigungspille der EZB zeigte daher gleich ihre Wirkung. Der Dax schüttelte die Zweifel wieder ab und nahm erneut Kurs in Richtung 8.000 Punkte, konnte dieses Kursniveau aber am Freitag nicht behaupten. Starke US-Arbeitsmarktdaten befeuerten erneut die Spekulationen über eine baldige Verschärfung der Geldpolitik in den USA. Das drückte an der Wall Street nach dem Feiertag auf die Stimmung. Zudem hält sich der eine oder andere Anleger angesichts der bevorstehenden Quartalssaison lieber zurück. An den Börsen muss mit der Fortsetzung des volatilen Auf und Ab gerechnet werden.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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