Von Wolfgang Braun
„Der Berg kreißte und gebar eine Maus“, so kann man wohl die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen der Union und den Sozialdemokraten zusammenfassen. Wochenlang haben die Führungsspitzen der Parteien verhandelt und schon jetzt lässt sich sagen: Die nächsten vier Jahre werden Deutschland nicht nach vorne bringen. Letztlich machen die Politiker das, was sie am besten können: Geld unter den Leuten verteilen. 23 Milliarden Euro mehr als bislang geplant sollen ausgegeben werden, etwa für Bildung, Kinderbetreuung, Forschung, Verkehr und Entwicklungshilfe.
Prinzip Hoffnung
Dazu wird in die derzeit ganz gut gefüllte Rentenkasse gegriffen und einige Milliarden zusätzlich verteilt. Jeder Punkt mag für sich genommen gerechtfertigt erscheinen. Insgesamt ergibt sich durch die Wohltaten aber eine enorme Belastung für die Zukunft. Denn eine saubere Gegenfinanzierung gibt es nicht. Vielmehr vertraut die neue Regierung darauf, dass der Konjunkturaufschwung an Fahrt gewinnt und so die benötigten Milliarden automatisch in die Kassen kommen. Dieses „Prinzip Hoffnung“ ist aus den vergangenen Jahrzehnten hinlänglich bekannt. Immer wieder stellten die Finanzminister Überschüsse bei den Staatsfinanzen in Aussicht. Wenn diese greifbar waren, verteilten die Politiker aber bereits das Fell des noch überhaupt nicht erlegten Bären. Die nächste Krise riss dann wieder tiefe Löcher in den Haushalt. Und so sitzt Deutschland inzwischen auf einem Schuldenberg von mehr als 2 Billionen Euro. Krisen sind zwar zeitlich schwer vorhersehbar – sie kommen aber so sicher wie das Amen in der Kirche. Das wird auch dieses Mal der Fall sein.
Auf der einen Seite finde ich es erfreulich, dass die neue Regierung ohne Steuererhöhungen auskommen will. Mangels Gegenfinanzierung der geplanten Wohltaten kann diese Freude aber schnell verpuffen. Sollte die Konjunktur schlapp machen, dürften Forderungen nach zusätzlichen Einnahmen schnell auf den Tisch kommen. Ärgerlich finde ich, dass von einem Abbau von Subventionen und Finanzhilfen überhaupt nicht mehr die Rede ist. Eine große Koalition hätte frühere Pläne umsetzen können, die unter Roland Koch und Peer Steinbrück entwickelt wurden. Damals standen jährliche Einsparungen von rund 15 Milliarden Euro zur Debatte. Mit vorgezogenen Weihnachtsgeschenken macht man sich allerdings beliebter als mit Ausgabenkürzungen.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur des Börsenbriefs „Aktien-Strategie“. Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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