Von Bernd Niquet
Es ist eine tolle Geschichte, die mir in dieser Woche untergekommen ist. Man muss tatsächlich kaufen, wenn die Kanonen donnern. Eine Familie hat in den 50er Jahren im Westteil von Berlin ein Zweifamilienhaus erworben und es nach dem Mauerfall sowie der anschließenden Entscheidung für Berlin als Hauptstadt wieder verkauft. Und ich verfüge jetzt über die Zahlen.
Sie haben in den 36 Jahren, in denen sie das Haus besessen haben, 7.360 Prozent Gewinn erzielt! Steuerfrei natürlich. Was für ein Triumph, denke ich. Und ich gönne ihnen das sehr. Denn wie sah es Mitte der 50er Jahre in Berlin aus? Die Blockade war noch nicht lange her und die Russen versuchten immer noch, den Westsektoren der Stadt die Luft abzugraben und sie in die DDR einzugemeinden.
In so einer Situation sich ein Haus anzuschauen, meine Güte, da gehören Mut und Festigkeit dazu! Das ist genauso, also ob man sich mitten in der dicksten Finanzkrise Aktien zulegt. Ich habe daher einmal nach Vergleichswerten gesucht und die Entwicklung des Dax, zurückgerechnet bis ins Jahr 1959, gefunden. Da stand der Dax bei 350 Punkten. Heute liegt er bei mehr als 9.000 Punkten, das macht ein Plus von 2.530 Prozent auf 54 Jahre.
Das ist zwar schlechter, aber immer noch gut. Und das relativiert auch das Gerede über den ständigen Wertverlust unseres Geldes, wie es gerade jetzt, im Jubiläumsjahr der Fed-Gründung in den USA von 1913 immer wieder genüsslich zelebriert wird. Denn der Dollar des Jahres 1913 besitzt heute, so die Kritiker, nur noch eine Kaufkraft von 5 Cents.
Das ist richtig, doch wer hält denn sein Vermögen schon in Geld? Hätte man den Dollar in Immobilien oder Aktien investiert, dann wären daraus heute ein paar tausend Dollar geworden, vielleicht sogar 10.000.
Das Problem ist jedoch, dass meine Zahlen nicht miteinander vergleichbar sind. Denn was bedeuten 7.360 Prozent in 36 Jahren aufs Jahr bezogen? Ich suche mir eine Internetseite, auf der sich die jährliche Rendite berechnen lässt. Und ich kann Ihnen sagen, als ich das Ergebnis gesehen habe, bin ich fast nach hinten abgekippt.
Denn der Superertrag von mehr als 7.000 Prozent verkommt dabei zu einer vergleichsweise mickrigen Rendite von 12,7 Prozent p.a.. Kann das tatsächlich sein? Und wie passt das dazu, dass ich dann wieder finde, der durchschnittliche Jahresgewinn wäre 212,7 Prozent? Das entspricht meiner Intuition nämlich schon eher.
Ich brauche eine Weile, bis ich das Rätsel lösen kann. Der durchschnittliche Jahresgewinn verteilt den Gesamtertrag auf die einzelnen Jahre und bezieht ihn auf den ursprünglichen Anlagebetrag im Jahr 1955. Wohingegen beim Konzept der Rendite der Basiswert in jedem Jahr rechnerisch um den jeweiligen Wertzuwachs erhöht wird. Und das bedeutet, dass hier der Zinseszinsmechanismus zum Greifen kommt und durch die somit ständig wachsende Basis die jährlichen Erträge prozentual kleiner erscheinen.
Und die Vergleichswerte sehen so aus: Aktien haben im Dax 6,24 Prozent p.a. erzielt, die Teuerung in den USA seit dem Jahr 1913 lag bei 2,95 Prozent p.a.. Meine persönliche Quintessenz daraus ist Zweierlei: Erstens, wer sein Vermögen ordentlich anlegt, erlebt auch keinen Realverlust.
Und zweitens, man kann sich also anscheinend gleichzeitig reich und arm rechnen. Weshalb ich auch die Konsequenz ziehe und bei meinen eigenen Ertragsberechnungen das Renditekonzept in den Orkus schmeiße. Denn um mich arm zu rechnen, geht es mir viel zu gut.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest!
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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Bernd Niquet, "Jenseits des Geldes, Dritter Teil", Leipzig 2013, 607 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-95488-235-9.
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