Von Bernd Niquet
Wir sind ein komisches Land mit komischen Menschen. Vieles ist jedoch leider so schwer zu verstehen, dass man kaum herankommt. Gerade hat das DIW eine neue Studie veröffentlicht, die zeigt, dass die Bundesbürger im Schnitt ein Vermögen von 83.000 Euro besitzen, das Medianvermögen jedoch bei nur 17.000 Euro liegt. Bitte was?
Ich habe nachgeforscht: Das Durchschnittsvermögen bezieht das Gesamtvermögen auf die Anzahl der Bundesbürger, das Medianvermögen hingegen ist das Vermögen, das die reiche Hälfte der Bevölkerung von der ärmeren trennt. Unsere Vermögen sind also extrem ungleich verteilt.
Ich denke dabei jedoch an Anderes: 17.000 Euro ist in etwa auch das, was ein Auto durchschnittlich wert ist. Und das bedeutet: Große Teile der Bundesbürger haben mehr in ihr Auto gesteckt (wird bei Vermögensrechnung nicht mitgezählt) als für das Alter auf die hohe Kante gelegt. In zwanzig, dreißig Jahren werden die Suppenküchen also bevorzugt von ehemaligen Geländewagenfahrern frequentiert werden. Na dann: Bon Appétit!
Mit erstaunlich geringen 817.000 Euro schafft man es heute bereits, zum wohlhabendsten 1 Prozent der Bevölkerung zu gehören. Leider wohnen von diesen Kanaillen viel zu viele in meiner unmittelbaren Nachbarschaft. Hier ist es jetzt große Mode, alle Teile des Grundstückes, die nicht mit Rollrasen bepflanzt sind, mit Steinen abzudecken.
Eine Nachbarin lässt dazu hüfthoch den Sand abtragen und Kies herankarren, in den anschließend einzeln zugesägte Natursteine verlegt werden. Sie scheint sich tatsächlich für Ludwig XIV. zu halten. Ludwig XVI. wäre mir allerdings lieber. Aber vielleicht hat sie auch einfach nur einen Sprung in der Waffel.
An dem Tag, an dem in der Ukraine die Demonstranten auf dem Maidan zusammengeschossen wurden, habe ich sie beobachtet. Da geht gerade die Welt unter, doch sie stolziert über ihre Baustelle, lässt die letzten Reste von Natur mit Steinen abdecken, ihren Kot auf die Straße karren und in Containern wegfahren. Ich freue mich schon diebisch, in meinem nächsten Buch dazu eine tiefenpsychologische Deutung erfinden zu können.
Aufgefallen ist mir allerdings durchgehend, wie wenig die Menschen hierzulande, jedenfalls aus meinem Umkreis, die Ereignisse in der Ukraine innerlich mitfühlen können. Ich habe ein Video verschickt, das zeigt, wie die Demonstranten reihenweise erschossen werden, und das mich emotional enorm getroffen hat, jedoch nirgendwo ein Mitfühlen zurückbekommen.
Alle haben nur geschrieben, dass hier eben die Weltmächte USA und Russland aufeinandertreffen und im übrigen die Kindersterblichkeit in Afrika und Asien weit schlimmer sei. Und mag zumindest Letzteres durchaus richtig sein, so ist das in jedem Fall jedoch nichts anderes als ein abschottendes Vernunftstatement.
Doch warum ist das so? Warum reagieren unsere Leute auf Freiheitskämpfe ausschließlich mit Politisieren und der Rationalität des braven Kulturmenschen?
Ich glaube, ich weiß die Antwort: Weil sie niemals selbst einen inneren Freiheitskampf mitgemacht haben, also niemals innere Freiheit erreicht haben. Deswegen auch der hohe Grad an Nachmachen und die ausgeprägte Präferenz für schmucke Grundstücke und Geländewagen, also für Dinge.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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Bernd Niquet, "Jenseits des Geldes, Dritter Teil", Leipzig 2013, 607 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-95488-235-9.
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