Von Wolfgang Braun
Vor wenigen Wochen herrschte an den Börsen noch eitel Sonnenschein. Dank sprudelnder Liquidität und der Aussicht auf eine verbesserte Konjunktur bewegte sich der Dax kontinuierlich in Richtung fünfstelliger Kurse. Risiken waren kaum erkennbar oder wurden von den Anlegern ausgeblendet. Seit dem Mitte Januar erreichten Hoch bei knapp 9.800 Punkten hat sich das Bild aber geändert. Seither werden die Investoren deutlich vorsichtiger, die Kurse geben nach.
Doppelte Sorge
Zuerst schreckte die Krise in der Ukraine die Marktteilnehmer auf. Derzeit sieht es so aus, als ob sich Russland die Krim unter allen Umständen einverleiben will. Darauf könnten Sanktionen von Europa und den USA folgen. Die weitere Entwicklung ist nicht vorhersehbar. Die Europäer können aber kaum auf Öl und Gas aus Russland und umgekehrt Russland nicht auf die Einnahmen aus den Rohstoffverkäufen verzichten.
Ich rechne daher weiter damit, dass in den nächsten Wochen doch noch eine diplomatische Lösung gefunden wird, die eine weitere Eskalation verhindert und mit der beide Seiten leben können. Zusätzliche Sorgen machte in den vergangenen Tagen auch China, nachdem Ende der vergangenen Woche erstmals eine Unternehmensanleihe geplatzt war. Bislang waren den strauchelnden Firmen stets staatliche Stellen zur Hilfe geeilt und hatten so Ausfälle verhindert. Experten sehen jetzt einen Präzedenzfall für den riesigen Bond-Markt in China. Die Ratingagentur Standard & Poor’s geht davon aus, dass das Volumen an Firmenanleihen in China in diesem Jahr auf 13,8 Billionen US-Dollar anwachsen könnte. Die Befürchtung ist, dass es bei einer Serie an Ausfällen zu einer Kettenreaktion kommt, die vergleichbar mit der Immobilienkrise in den USA ab 2007 ist. Eine solche Entwicklung würde sicherlich für erhebliche Verwerfungen an den Börsen sorgen. Allerdings dürfte die Regierung in China alle verfügbaren Hebel in Bewegung setzen, um einen Zusammenbruch zu verhindern.
Bislang hat der Dax nur rund 5 Prozent vom Hoch verloren (die Wall Street notiert sogar nahe Rekordhoch). Bislang bewegen sich die Börsen also in einer gesunden Korrektur, die naturgemäß von schlechten Nachrichten begleitet wird. Das allgemeine Umfeld bleibt mit niedrigen Zinsen und anziehender Konjunktur günstig. Weiter fallende Kurse wären daher wohl für langfristig orientierte Anleger eine gute Nachkaufgelegenheit.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur des Börsenbriefs „Aktien-Strategie“. Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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