Von Wolfgang Braun
Für die meisten Anleger dürfte der „Neue Markt“ noch ein Begriff sein. Nach seiner Gründung im Jahr 1997 feierte das Börsensegment, das vor allem junge Wachstumsunternehmen beherbergen sollte, eine phänomenale Entwicklung. Diese gipfelte in einer Börseneuphorie, die Deutschland so noch nie gesehen hatte. Die extremen Kursgewinne lockten einige zwielichtige Gestalten an. Eine Reihe von Betrugsfällen gepaart mit der dramatischen Baisse, die den Aktienmarkt nach der Jahrtausendwende erfasste, führte im Juni 2003 dazu, dass die Deutsche Börse das Segment wieder schloss.
Börsengänge gibt es seitdem nur spärlich. Und obwohl der Dax inzwischen wieder über den Hochs aus dem Boomjahr 2000 steht, engagieren sich die Deutschen kaum noch bei Aktien. Damit bleibt Unternehmen eine wichtige Finanzierungsquelle verschlossen. Dieses Dilemma hat die Bundesregierung jetzt auf den Plan gerufen. Auf dem IT-Gipfel in Hamburg kündigte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel an, dass man ein neues Börsensegment für Startup-Firmen schaffen wolle. Damit soll jungen Firmen leichter Zugang zu zusätzlichem Kapital verschafft werden, das sie zur Expansion benötigen.
Benachteiligung von Aktien beenden
Für mich ist das eine fabelhafte Idee, die jetzt aber auch mit Substanz unterfüttert werden sollte. Zum einen muss ein Regelwerk her, dass die Anleger so gut wie möglich vor Betrug schützt (besser als zuletzt etwa bei China-Aktien), aber keine allzu hohen Hürden und Kosten für die Firmen darstellt. Gleichzeitig müssen Anleger von dem Konzept überzeugt werden, weil nur dann ausreichend Nachfrage erzeugt werden kann. Einen Beitrag könnte die Politik leisten, wenn sie die Benachteiligung von Aktien bei der Besteuerung beseitigt: Während Zinserträge nur der Abgeltungssteuer von 25 Prozent unterliegen, kommt diese Abgabe bei Aktien zusätzlich zu den schon entrichteten Unternehmenssteuern obendrauf. Insgesamt ergibt sich so eine Steuerquote von knapp 50 Prozent. So viel wird noch nicht einmal auf ein Millionengehalt fällig. Auch die Wiedereinführung der Spekulationsfrist wäre sinnvoll. Damit könnte man langfristig denkende Anleger belohnen und Zockerei unterbinden.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur des Börsenbriefs „Aktien-Strategie“. Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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