Von Bernd Niquet
Wenn das Weihnachtsfest naht, muss der Mensch im Westen um sein Leben fürchten. Jesus wird geboren, doch wir müssen alle Kraft aufwenden, um nicht im selben Moment abzutreten.
Als am Freitag vor dem ersten Adventssonntag in Großbritannien die Händler großzügige Rabatte gewährten, um die Weihnachtsumsätze anzukurbeln, kam es in vielen Kaufhäusern und Supermärkten zu Tumulten und Ausschreitungen, weil Käufer sich um einzelne besonders reduzierte Angebote schlugen. Die Polizei musste ausrücken und manche Läden schlossen, weil sie für die Sicherheit ihrer Kunden nicht mehr garantieren konnten.
Was für ein Pech, dass Jesus Christus gerade kurz vor dem Jahresultimo geboren wurde, denke ich oft. Wäre er im Sommer zur Welt gekommen, wäre alles wesentlich entspannter.
Denn man muss es sich einmal ganz deutlich klarmachen: Genau in der Zeit, in der unser Biorhythmus am Boden liegt, in der wir anfällig für Krankheiten und wenig leistungsfähig sind, müssen wir nicht nur das Vielfache von dem kaufen, was wir ansonsten kaufen, nein, zusätzlich müssen auch noch unsere Unternehmen just in dieser schwierigen Phase ihre Jahresbilanz anfertigen.
Dass da einmal ein paar Leute austicken, scheint mir völlig normal zu sein. Und es geschieht ja nicht nur am Black Friday im Kaufhaus, sondern auch ab Montag darauf im Büro – und an Heiligabend sowieso.
Doch es gibt auch ein wichtiges Gegenargument gegen diese Jahreszeiten-Theorie der Verrücktheit. Und das lautet: Wir Menschen sind unabhängig von der Jahreszeit 365 Tage lang im Jahr verrückt und durchgedreht.
Gerade habe ich von der kanadischen Umweltaktivistin Maude Barlow gelesen, dass, wenn man alle Plastikflaschen, die im vergangenen Jahr auf der Welt produziert wurden, aneinanderreihen würde, es eine Strecke ergäbe, die 65 Mal bis zum Mond und zurück reicht. Und für jede Plastikflasche, die wir produzieren, müssen wir etwa ein Drittel des Inhalts an Erdöl aufwenden.
Von daher bestehen eigentlich keine Zweifel mehr, dass wir komplett ausgetickt sind. Jahreszeitenunabhängig. Da braucht man dann eigentlich auch gar nicht mehr über die ganzen Kriege zu reden, wer denn nun der richtige Gott ist und wer der falsche. Und ob wir wegen der vielen Muslims, die jetzt zu Deutschland gehören, das Weihnachtsfest umbenennen sollen, oder lieber wegen des Weihnachtsfestes die Muslims …, tja was eigentlich?
Manchmal ist es wirklich so kompliziert, dass man gar nicht mehr weiter kommt. Dann aber ist es plötzlich wieder vollkommen einfach. Jedenfalls zu begreifen. Nicht aber zu ändern.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
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Bernd Niquet, „Die bewusst herbeigeführte Naivität“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2014, 265 Seiten, 14 Euro, ISBN 978-3-95744-306-9.
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