Von Stephan Feuerstein
Eigentlich kam der Schritt der Europäischen Zentralbank ja nicht ganz unverhofft. Spätestens mit der Entscheidung der Schweizer Nationalbank, die mit einem Paukenschlag die Bindung der eidgenössischen Währung an den Euro bereits eine Woche zuvor aufgelöst hatte, wurde klar, dass die EZ-Banker um Mario Draghi den Geldhahn weiter aufdrehen und damit aber auch den Euro weiter schwächen werden. Nun streiten sich die Experten darüber, ob das europäische „quantitative easing“ nun langfristig sinnvoll oder verwegen oder sogar ein großer Fehler ist. Als besonnener Akteur an der Börse sollte man sich am besten auf die Fakten konzentrieren.
Euro weiter schwach?
Es ist eine Zahl, mit welcher die meisten Menschen ohnehin nichts mehr anfangen können: 60 Milliarden Euro wird die EZB monatlich für den Kauf von Staatsanleihen aufwenden. Zeitgleich bleiben auch die Zinsen mehr oder weniger an der Nulllinie. Diese zwei Punkte dürften sich nicht gerade als die wahren Kurstreiber für die europäische Gemeinschaftswährung entpuppen. Vielmehr sollte der Euro weiter zur Schwäche neigen, so dass in den kommenden Monaten sogar die Parität zum US-Dollar wieder möglich zu werden scheint. Kommt nun noch die erwartete Zinsanhebung in den USA hinzu, sollte der „Geldstrom“ aus dem Euro in den US-Dollar weiter zunehmen, womit ebenfalls ein weiterer Punkt für einen schwächeren Euro vorhanden ist. Natürlich sind dies alles stark vereinfachte Modellbilder, dennoch erlauben sie einen etwas klareren Blick auf das aktuelle Geschehen.
Noch zu viele Skeptiker unterwegs?
Wer versucht, aus dem Massenverhalten Rückschlüsse über künftige Bewegungen zu ziehen, wird an der Börse relativ schnell zu der Erkenntnis gelangen, dass man bei Anzeichen für Unter- oder Übertreibungen am besten antizyklisch handelt. Theoretisch einfach, praktisch schwierig, denn nur allzu gerne lässt man sich selbst von diesen Strömungen anstecken, das ist eigentlich völlig normal. Zudem befinden wir uns nur ganz selten in absoluten Extremzonen, so dass die Beurteilung der aktuellen Situation immer nicht so ganz einfach erscheint. Aber: Wenn in einer Aufwärtsbewegung die Stimmen der Skeptiker noch zu laut sind und bei jedem neuen Hoch rasch die bevorstehenden Gewinnmitnahmen prognostiziert werden, dann scheint die Bewegung noch „gesund genug“ für eine Fortsetzung zu sein. Aktuell scheint dies jedenfalls noch der Fall zu sein, auch wenn die Luft vielleicht etwas dünner geworden ist. Da wir aber aus vielerlei Gründen (Vorwahljahr in den USA, „Fünfer-Jahr“ etc.) ein gutes Börsenjahr bekommen sollten, dürften sich doch irgendwann einsetzende Rücksetzer dann noch einmal zum nachträglichen Einstieg anbieten. Und dann erinnern Sie sich bitte an die Sache mit dem „antizyklischen Handeln“... .
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes "Hebelzertifikate-Trader". Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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