Von Stefan Böhm
„Sell in May and go away“? – diesen Spruch haben Sie auch sicher schon einmal gehört. Vielleicht ergänzt durch „But remember to come back in september“. Doch was ist dran an diesen Börsensprüchen? Gibt es tatsächlich saisonale Muster an den Aktienmärkten und sollten Sie Ihre Anlageentscheidungen danach ausrichten? Klar ist, dass es unter den einzelnen Monaten des Jahres starke Unterschiede in der Performance gibt.
Oktober ist besser als sein Ruf
In der langfristigen Statistik mit Rückrechnung der Zahlen noch auf die Zeit vor Einführung des Deutschen Aktienindex Dax erweisen sich die Wintermonate tatsächlich als diejenigen mit den stärksten Kurszuwächsen im Durchschnitt. Die Sommermonate zeigen dagegen eine schwächere Performance. Wie zu erwarten gab es im gemeinhin als schlechtester Börsenmonat geltenden September seit 1948 im Durchschnitt ein Minus. Etwas überraschend gilt das auch für den Mai. Der unter einem schlechten Ruf stehende Oktober zählt dagegen im Durchschnitt sogar zu den besten Börsenmonaten. Die „Börsenweisheit“, im Mai seine Aktien zu verkaufen und im September wieder einzusteigen, hat folglich durchaus ihre Berechtigung. Allerdings ist es schwierig, einleuchtende Begründungen für die Saisonalität am Aktienmarkt zu finden. Zum Jahresende spielt es offenbar eine große Rolle, dass sich beispielsweise Fonds aus bilanztechnischen Gründen nochmals mit Aktien eindecken („window dressing“).
Sommermonate besonders crashanfällig?
Ein Blick auf die besten und schlechtesten Monatsergebnisse seit 1948 bringt noch mehr wichtige Erkenntnisse: Der Oktober erlebte nach dem September den stärksten Kursrutsch seit 1948. Wer also „im September an die Börse zurückkehrt“, könnte Gefahr laufen, geradewegs in einen Börsencrash zu geraten. Solche Ereignisse sind aber nur Ausrutscher, im Schnitt ist der Oktober ein guter Börsenmonat. Tatsache ist aber, dass die Gefahr, einen heftigen Crash zu erleben, in den Monaten von August bis Oktober höher ist als beispielsweise in den Monaten Februar bis April. Aber lässt sich aus diesen Saisonmustern tatsächlich eine Handelsstrategie ableiten? Unserer Ansicht nach nicht, denn die Monatsergebnisse ändern sich, je nachdem welchen Zeitraum man für die Beobachtung wählt. Betrachtet man zum Beispiel „nur“ die vergangenen 30 Jahre, dann zeigt auch der August genauso wie der September im Durchschnitt eine negative Performance – im Gegensatz zu einem längeren Zeitraum. Der Grund dafür ist, dass einzelne Ausreißer bei den Monatsdaten – beispielsweise ein heftiger Börsencrash im August – den Durchschnitt nach unten ziehen können.
Mit Saisonstrategie Verluste vermeiden?
Es ist bemerkenswert, dass die meisten Krisen der vergangenen Jahrzehnte im Sommer stattfanden: Russlandkrise 1998, Crash im September 2001, Lehman-Pleite August 2008 und der Höhepunkt der Eurokrise im August 2011. Es wird aber unter dem Strich nicht unbedingt eine bessere Performance bringen, wenn Sie Ihre Handelsstrategie in normalen Jahren nach der Möglichkeit eines Crashs im August oder September auszurichten. Besser ist es vermutlich, sich durch eine richtige Stop-Loss-Strategie gegen allzu starke Kurseinbrüche zu wappnen. Denn schließlich kann ein Crash auch in einem anderen Börsenmonat kommen.
Fazit: Es gibt saisonale Muster an der Börse, das zeigen die Unterschiede bei den Monatsergebnissen. So sind die Sommermonate zumeist schwächer und die Wahrscheinlichkeit für Crashs ist höher. Das dürfte auch in diesem Jahr der Fall sein. Aus unserer Sicht ist das ein guter Grund zu erhöhter Vorsicht. Wenn Sie deswegen der Börse aber den Rücken zukehren, dann verpassen Sie möglichweise auch Chancen. Besser ist es, bestehende Aktienpositionen durch Stop-Loss-Marken abzusichern und auf Korrekturen als Einstiegsgelegenheiten zu lauern.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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