Von Stefan Böhm
In dieser Woche ist es endlich soweit: Irgendetwas wird geschehen in Sachen Griechenland. Die jüngsten Signale deuten auf eine Einigung hin und die Börsen reagierten in Vorfreude schon einmal mit einer Rallye. Der Dax stieg in zwei Tagen um mehr als 500 Punkte und knackte mit Schwung den Widerstand bei 11.400 Punkten.
Sollte es zu einer Einigung kommen, dann aus dem hier schon oft genannten Grund: Beide Seiten haben bei einem Scheitern mehr zu verlieren. Ob eine Einigung eine nachhaltige Aufwärtsbewegung an den Börsen zur Folge hätte und nicht nur eine kurzfristige Erleichterungsrallye, lässt sich aber noch nicht sagen. Das hängt auch davon ab, WIE sich die beiden Parteien einigen. Die Rahmenbedingungen für steigende Kurse an Europas Börsen sind jedenfalls nicht schlecht – sieht man einmal von Griechenland ab. Denn die Wirtschaft in der Eurozone erholt sich und wird weiterhin von einer extrem expansiven Geldpolitik unterstützt.
Aufschwung wieder in Gefahr?
Doch noch ist keineswegs sicher, dass es zu einem Kompromiss kommt. Viele europäische Wirtschaftsvertreter warnen eindringlich vor einem Scheitern der Verhandlungen und einem Grexit: Die dadurch verursachte Unsicherheit könnte das zarte Aufschwung-Pflänzchen abwürgen – wie 2014 als die Ukrainekrise die Konjunkturerholung in der Eurozone ausbremste. Das ist eine reale Gefahr. Unserer Ansicht nach hat die Ukrainekrise aber auch gezeigt, dass selbst schwere internationale Konflikte die Eurozone nicht auf Dauer von ihrem moderaten Erholungspfad abbringen können. Man darf nicht vergessen: Der Aufschwung in der Eurozone wird vor allem von einer Erholung der Konsumnachfrage getragen – und die ist nicht so leicht zu bremsen.
Nach dem ausgiebigen Test der Unterstützung bei 10.800 Punkten hat der Dax mit viel Schwung den starken Widerstand bei 11.400 Punkten geknackt. Auch wenn erneute Rückschläge möglich sind: Die Korrektur ist damit beendet. Nachdem auch der Widerstand bei 11.500 Punkten überwunden wurde, besteht weiteres Potential bis 11.700 oder sogar 11.880 Punkte.
Fazit: Schon die Andeutung, dass es nicht zum Grexit kommt, brachte die Börsen in Feierlaune. Wohlgemerkt: Das hat nichts damit zu tun, ob ein Kompromiss volkswirtschaftlich langfristig sinnvoll ist. An den Börsen freut man sich nur, dass die Unsicherheit abnehmen könnte. Dazu kommt, dass viele Aktienindizes und auch Einzelaktien wichtige Unterstützungen getestet haben. Die Erholungsrallye hat folglich auch eine technische Dimension. Es wird bald wieder Ernüchterung einkehren.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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