Von Stefan Böhm
Nun ist es also doch passiert: Griechenland taumelt der Staatspleite und dem Grexit entgegen. Die Märkte reagierten wie erwartet schockiert, die Börsen und der Euro fielen stark zurück. Nach einer kurzzeitigen Erholung am Montagmittag ging es am deutschen Aktienmarkt weiter nach unten, der Dax fiel kurzzeitig unter die Marke von 11.000 Punkten. Panik ist bislang keine zu spüren.
Alles nicht so schlimm, also? Den Marktreaktionen zufolge: Ja. Dann auch die Flucht in sichere Anlagehäfen wie Gold, den Franken und Bundesanleihen hielt sich in Grenzen beziehungsweise fand nur kurzfristig statt. Das muss natürlich nicht so bleiben, denn eine Zuspitzung der Lage an den Finanzmärkten ist durchaus noch denkbar. Aber im Gegensatz zu manchen früheren Turbulenzen ist dies eine Krise mit Ansage. Alle Akteure an den Märkten wussten, dass das geschehen KANN. Das verringert die Gefahr von Panikreaktionen, die in der Regel bei gänzlich unvorhergesehenen Ereignissen eintreten. Schließlich: Die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland waren längst überfällig und tragen eher dazu bei, dass sich die Lage nicht weiter destabilisiert.
Tendenz zu Gewinnmitnahmen
Was die Lage an den Börsen derzeit so prekär macht, ist die allgemeine Tendenz zu Gewinnmitnahmen. Die Griechenlandkrise trifft unter anderem auch in den USA, China und Japan auf das Gefühl, dass Aktien zu hoch bewertet sind. Das kann durchaus eine Eigendynamik entwickeln und auch Europas Börsen weiter nach unten ziehen – unabhängig von der Griechenland-Krise.
Achten sollten Sie in dieser Woche daher nicht nur auf den sicher anhaltenden Neuigkeiten-Strom zum Thema Griechenland, sondern auch auf die reichlich anstehenden Konjunkturdaten aus Europa und den USA. Besonders wichtig sind die US-Arbeitsmarktdaten, die in dieser Woche wegen des Feiertags am Freitag schon am Donnerstag veröffentlicht werden. Es ist wie auch bei den anderen Wirtschaftszahlen aus den USA mit einem starken Ergebnis zu rechnen. Das würde die Spekulationen um eine Zinserhöhung durch die US-Notenbank wieder anheizen. Gut möglich, dass es daher in den nächsten Tagen an der Wall Street erneut zu Gewinnmitnahmen kommt. Das würde auch in Europa weiter auf die Kurse drücken.
Dax-Unterstützung bei 10.800 Punkten beachten
Wie gewonnen, so zerronnen: Vor einer Woche schoss der Dax auf 11.600 Punkte nach oben, gab die Gewinne aber wieder ab. Charttechnisch konnte der seit Mitte April bestehende Abwärtstrend nicht überwunden werden. Kurzfristig bleibt der Index damit in einer Phase der Bodenbildung. Sollte sich der Dax auch in den nächsten Tagen über der Unterstützung bei 10.800 Punkten behaupten, dann kann sich die Kursstabilisierung fortsetzen.
Fazit: Die Panik an den Märkten blieb zu Wochenbeginn aus, auch weil es eine Krise mit Ansage ist. Das heißt aber nicht, dass sich die Konsolidierung an den Börsen nicht fortsetzen kann. Die Unsicherheit um die weitere Entwicklung in Griechenland und die Reaktion der EU darauf werden potentielle Aktienkäufer abschrecken. Das könnte sich nur ändern, wenn es neue politische Wendungen geben sollte. Solange sich der Dax über der Unterstützung bei 10.800 Punkten behaupten kann, setzt sich die Bodenbildung fort. Bei einem Bruch dieser Marke wird der Index die Unterstützung bei 10.650 Punkten ins Visier nehmen.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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