Von Thomas Grüner
Die Gold-Bilanz der vergangenen fünf Jahre ist katastrophal. Der aktuelle Sturz unter die Marke von 1.100 US-Dollar bedeutet den tiefsten Stand seit dem Jahr 2010. Zum Allzeithoch des Jahres 2011 hat Gold mittlerweile 43 Prozent eingebüßt. Für Gold-Fonds und Indizes sieht die Bilanz oftmals noch verheerender aus: Der NYSE Gold Bugs Index fällt im Juli 2015 auf ein Zehnjahrestief und notiert mehr als 80 Prozent unter der Bestmarke von 2011. Selbst große Unternehmen der Branche wie Barrick Gold sind in Schwierigkeiten geraten. Massive Kursstürze auf breiter Front sind bei den Minenaktien zu verzeichnen.
Eine Vergleichsrechnung: Würde der deutsche Aktienindex Dax 43 Prozent unter sein aktuelles Allzeithoch stürzen, stünden weniger als 7.000 Punkte zu Buche. Sämtliche Medien und Anleger hätten wohl kein Problem damit, dies als einen glasklaren Bärenmarkt zu identifizieren. Bei Gold ist das Stimmungsbild jedoch anders: Auch wenn der dramatische Kursverfall zahlreicher Minenaktien im Juli auf die Kapitulation einiger Anleger hindeutet, so sind die Durchhalteparolen der Goldanleger immer noch vorherrschend. Der Begriff „Bärenmarkt“ wird tunlichst vermieden, oftmals ist nur von Nachkaufchance oder Korrekturen die Rede.
Vorgeschichte
Die Betrachtung des langfristigen Bildes hilft bei der Beantwortung dieser Frage. Noch im Jahr 2001 notierte der Goldpreis bei 250 US-Dollar pro Feinunze. Der steile Aufschwung führte den Goldpreis bis auf 1.920 US-Dollar im Jahr 2011. Selten erschien eine Investition in Gold attraktiver als im Jahr 2011! Ein sicherer Hafen mit hervorragender Renditeentwicklung, was will man als Anleger mehr? Genau in dieser Zeit begingen viele Anleger den Fehler, Gold nicht mehr als Absicherung zu betrachten, sondern als präferierte Anlageklasse – für das gesamte Portfolio.
Wer dem Gold-Hype des Jahres 2011 gefolgt ist, muss nicht nur das absolute Minus von rund 40 Prozent ertragen – schmerzhaft ist vor allem auch die relative Performance. Wenn man bedenkt, dass sich einige wichtige Aktienindizes im selben Zeitraum nahezu verdoppeln konnten, und auch die Entwicklung an den Anleihemärkten mehr oder minder eine positive Einbahnstraße war, dann sind die Opportunitätskosten in der Tat gewaltig.
Günstig oder teuer?
Sind 1.100 US-Dollar pro Feinunze nun günstig oder teuer? Mehr als 40 Prozent „Rabatt“ auf vergangene Höchstkurse, andererseits ist der Goldpreis mit gerade einmal 288 US-Dollar ins neue Jahrtausend gestartet. Fakt ist jedenfalls: Die extreme Übertreibung aus dem Jahr 2011 ist abgebaut, die Blase geplatzt. Große Teile des Risikos, die sich durch den fahnenstangenartigen Aufstieg gebildet haben, sind abgebaut. Doch für ein signifikantes Tief ist die Stimmung wohl noch zu gut. Ein Bärenmarkt endet meist erst dann, wenn die Mehrheit der Anleger am Boden liegt: Panisch, entnervt und ratlos.
Die Rahmenbedingungen sind im Grunde unverändert: Gold generiert keine laufenden Erträge, ist im Hinblick auf historische Renditen dem Aktienmarkt weit unterlegen und es können durchaus auch einmal 28 Jahre vergehen, bis vergangene Höchststände wieder erreicht werden – wie von 1980 bis 2008 zu beobachten war.
Fazit: Viel wichtiger als die Frage „Ist das Tief im Goldpreis jetzt erreicht?“ sollte für Anleger die Frage sein: „Mit welchen Investitionen kann ich meine Anlageziele erreichen?“ Hier zeigt sich bei rationaler Betrachtung sehr oft, dass Gold allein gar nicht fähig ist, Ihre Anforderungen an ein erfolgreiches Portfolio zu erfüllen. Der Markt hat in den vergangenen Jahren einmal mehr bewiesen, dass emotionale Entscheidungen sofort bestraft werden.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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