Von Stefan Böhm
Wer darauf gehofft hatte, dass nach dem Ende des Griechenland-Dramas an den Märkten ruhigere Zeiten bevorstehen, der sieht sich getäuscht. Chinas Börsen bringen mit ihrem erneuten heftigen Kursrutsch zu Wochenbeginn große Verunsicherung. Und am Horizont winkt die erste Zinserhöhung der US-Notenbank seit 2006. Der deutsche Aktienmarkt setzte seine Schwäche zu Wochenbeginn fort und der Dax fiel unter die Marke von 11.100 Punkten.
Anleger meiden riskante Investments
Internationale Anleger stoßen aus Angst vor einer Eskalation an den Märkten offenbar riskante Anlagen ab. Sollte die US-Notenbank tatsächlich wie derzeit erwartet im September den Leitzins anheben, dann könnte dies eine taumelnde Weltkonjunktur endgültig ausbremsen – so die Befürchtung. Alle Augen richten sich daher auf das Ergebnis der Sitzung der US-Notenbank am Mittwochabend. Viele erhoffen sich moderate Töne und die Möglichkeit einer Verschiebung der Zinswende. Ich denke aber, dass die Fed an ihrem Kurs festhält.
In den nächsten Tagen werden viele US-Konjunkturdaten veröffentlicht wie beispielsweise die BIP-Zahlen für das zweite Quartal am Donnerstag. Diese dürften die Stärke der US-Wirtschaft unterstreichen. Die Turbulenzen in China und die Wachstumsschwäche vieler Schwellenländer bekommen natürlich auch die USA zu spüren. Der Aufschwung hat aber vor allem binnenwirtschaftliche Gründe, nämlich die Erholung im Immobiliensektor, die starke Konsumnachfrage und der Investitionsboom in einigen Branchen. Die Konjunktur ist daher robust.
Das gilt übrigens trotz aller Probleme auch für die Wirtschaft in Europa: Die Erholung der Konsumnachfrage und der nachlassende Gegenwind durch staatliche Einsparungen geben nachhaltig Auftrieb. Das zeigten beispielsweise die jüngsten Zahlen zur Entwicklung der Bankkredite in der Eurozone. Die deutsche Wirtschaft profitiert von der Erholung in Europa ebenso wie vom schwachen Euro. Der am Montag veröffentlichte Ifo-Geschäftsklimaindex hat dies mit einem überraschend deutlichen Anstieg von 107,5 auf 108,0 Punkte unterstrichen.
Quartalszahlen bleiben bestimmend
Auch die bisher veröffentlichten Bilanzen der Dax-Unternehmen zeigen den Rückenwind durch den schwachen Euro. Das wird vermutlich auch für die zehn am Mittwoch und Donnerstag anstehenden Quartalsberichte von Dax-Unternehmen (darunter Bayer, VW, Siemens, Infineon und Linde) gelten. Ich erwarte unter dem Strich positive Überraschungen. Ob dies aber ausreicht, um dem deutschen Aktienmarkt Auftrieb zu geben, wird nicht zuletzt davon abhängen, ob sich China wieder stabilisiert.
Fazit: Natürlich weiß niemand, wie sich die Lage in China weiter entwickelt. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass das Ganze außer Kontrolle gerät. Abgesehen davon ist das Umfeld für den deutschen Aktienmarkt gar nicht so schlecht. Die Konjunktur ist robust, der Ölpreis fällt und der Euro steht niedrig. Die bisherigen Quartalsberichte laden zwar nicht zu Euphorie ein, sind aber tendenziell positiv. Ich rechne damit, dass sich der Dax im Bereich von 11.000/11.200 Punkten stabilisiert.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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