Von Stephan Feuerstein
Das Thema der vergangenen Tage ist nach wie vor die „Diesel-Gate-Affäre“ um Volkswagen. Hier prallen derzeit vielerlei Interessen aufeinander, so dass es durchaus sinnvoll ist, das Geschehen mit etwas Abstand zu betrachten. Zunächst ist es unbestritten, dass eine vorsätzliche Täuschung im großen Stil natürlich verwerflich ist und auch eine Strafe nach sich ziehen wird. Allerdings sind mir keine Personen bekannt, welche die Entscheidung des Kaufs eines Pkws auf die Abgasemissionswerte gegründet haben. Bei der aktuellen Berichterstattung sollte dies vielleicht nicht ganz vergessen werden. Ein bekannter Börseninformations-Herausgeber hat dies durchaus treffend beschrieben: Es explodieren plötzlich keine Autos – auch wenn man bei dem einen oder anderen Beitrag in den Medien fast den Eindruck haben könnte. Interessant ist auch, dass die Politik dieses Thema rasch erkannt hat, um sich als aufklärender Vertreter des geprellten Konsumenten zu profilieren. Hier ist vielleicht der Rat an den einen oder anderen voreiligen Volksvertreter angebracht, dass man mit dem momentan so beliebten „VW-Bashing“ durchaus auch in die hiesige Industrie grätscht. Letztendlich sind die meisten Bürger nicht überrascht hinsichtlich geschönter Abgaswerte. Denn wer hat es beispielsweise auch schon geschafft, mit seinem Automobil die angegebenen Verbrauchswerte zu erreichen. Es dürfte sich hier um ein „Problem“ handeln, das sicherlich nicht nur den VW-Konzern betrifft.
Muss man jetzt kaufen?
Natürlich lässt sich diese Frage erst im Nachhinein richtig beantworten. Um sich aber einen Eindruck darüber zu verschaffen, ob wir bereits Schnäppchenkurse haben, ist es vielleicht doch hilfreich, sich nicht vom Marktgeschrei in den Medien beeinflussen zu lassen, sondern vielmehr einfach nur ein paar Fakten auf den Tisch zu legen und diese zu vergleichen: Die Börse preist momentan mehr oder weniger den "worst case" ein und übertreibt bei solchen Dingen in der Regel immer. Das dabei gespannte Gummiband federt irgendwann auch wieder in die andere Richtung. Allerdings muss sich erst zeigen, was die Sammelklagen in den USA für ein Risiko mit sich bringen. Auch bietet es sich an, die nächsten Absatzzahlen abzuwarten, um sich ein besseres Bild machen zu können. Und dann wäre da ja noch ein Thema, das bei aller Hysterie gerade etwas unter den Tisch fällt: Lässt die chinesische Konjunktur weiter an Dynamik nach, wird auch dies die Verkaufszahlen des Konzerns belasten – vor allem, da China ein wichtiger Absatzmarkt für VW ist. Es scheint also so, als ob man mit einer etwas durchdachteren Vorgehensweise die besonnenere Entscheidung mit Abwarten trifft. Möglicherweise kann man dann in den kommenden Wochen bei einem „finalen“ Ausverkauf ein echtes Schnäppchen machen. Aus jetziger Sicht ist dies vielleicht doch noch etwas früh.
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes "Hebelzertifikate-Trader". Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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