Von Thomas Grüner
Das Jahresende naht: FED-Entscheidung, politische Differenzen, Jahresendrallye ja oder nein – das Börsenjahr ist aber noch nicht zu Ende. Die letzten Fragen sind keinesfalls beantwortet und die letzten Schwankungen noch nicht durchgestanden. Eines zeichnet sich jedoch bereits jetzt ab: 2015 wird – allen Krisen zum Trotz – wohl ein erfolgreiches Jahr für die Aktienmärkte werden.
Zu Beginn des letzten Börsenmonats notiert der MSCI World Index in US-Dollar zwar fast unverändert und der US-Aktienindex S&P 500 konnte auf Jahressicht ebenfalls nicht überzeugen, aber insbesondere für europäische Anleger sieht die bisherige Bilanz durchweg positiv aus: Der Euro Stoxx 50 legt im bisherigen Jahresverlauf um 11,4 Prozent zu, der Dax sogar um 14,8 Prozent. Noch vor wenigen Wochen sah das ganz anders aus. Zudem verliert der Euro gegenüber anderen Währungen deutlich an Wert: Ein „Renditebonus“ für global orientierte Anleger. Die Kernaussage lautet also: Der Bullenmarkt ist weiterhin intakt.
Keine Ausreden
Das „Angebot“ für ordentliche Renditen war im bisherigen Jahresverlauf bei Aktien also zur Genüge vorhanden. Renditen, die man bei anderen Anlageklassen vergebens sucht: Rohstoffe und Edelmetalle haben ihre Leidenszeit noch nicht beendet, die Käufer von erstklassigen Anleihen müssen weiter um eine positive Verzinsung kämpfen. Doch wie schon für den gesamten laufenden Bullenmarkt gilt auch für das Jahr 2015: Es war für viele Anleger schwierig, das „Angebot“ der Aktienmärkte auch anzunehmen.
Denn das Umfeld ist immer noch sehr skeptisch, auch nach mittlerweile fast sieben Jahren im laufenden Bullenmarkt. Selten hat sich die Marktstimmung von einer gewissen Grundskepsis lösen können, mehr als zaghafter Optimismus war selten drin. Negativereignisse werden in den Medien ausgeschlachtet und hochstilisiert: Stets soll es sich beim jeweiligen Problem nur um die Spitze des Eisbergs handeln, die Märkte würden im Grunde nur hilflos auf den nächsten großen Kollaps zusteuern. Positive Fakten dagegen werden weitestgehend ausgeblendet, der substanzielle Aufstieg der vergangenen Jahre wird tendenziell verleugnet. Eine Erklärung für die Aufwärtsbewegung ist trotzdem schnell gefunden: „Die Zentralbanken fluten die Märkte schließlich mit Liquidität.“ Es wäre zu simpel, wenn dies tatsächlich der bestimmende Faktor wäre. Jede Marktprognose, die eng an die Geldpolitik der Zentralbanken geknüpft ist, würde sich somit zu einem Volltreffer entwickeln. Dass sich die Märkte aber in der Regel ihren ganz eigenen Weg suchen, haben zahlreiche Anleger auch im Jahr 2015 erneut schmerzhaft erfahren müssen.
Bullenmarkt der 90er-Jahre war auch nie einfach
Die verkannte Parallele: So glorreich der Bullenmarkt der 90er-Jahre heute in der Rückschau aussieht, so schwierig war es damals für Anleger, große Teile der theoretisch möglichen Rendite auch in die Realität umzusetzen. Krisen, Kriege, Katastrophen! In vielerlei Hinsicht ähnelt die aktuelle Aufwärtsbewegung der Situation in den Neunzigern. Auch das Börsenjahr 2015 wird positiv in die Bücher eingehen, ohne dass der Aktienmarkt neue Freunde hinzugewonnen hat. Viele Anleger sind sogar in die zahlreichen „Korrektur-und-Stop-Loss-Fallen“ des Jahres getappt und müssen ein negatives Resümee für 2015 ziehen. 2016 wird neue Chancen bieten – wenn Anleger ihren Fokus auf sich selbst und auf Fehlervermeidung legen.
Fazit: Für das Börsenjahr 2016 gilt bereits heute: Konzentrieren Sie sich auf das übergeordnete Bild. Denken Sie langfristig, lassen Sie sich nicht von Emotionen leiten. Es ist wohl noch nicht zu spät, vom laufenden Bullenmarkt zu profitieren.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments GmbH. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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