Von Stefan Böhm
Die Aktienmärkte starteten nach einer starken Vorwoche mit Gewinnmitnahmen in die neue Woche. Anlass dafür gaben neue Sorgen um die Wirtschaftsentwicklung in China sowie ein weiterer Rückgang der Auftragseingänge in der deutschen Industrie. Der Dax fiel nach einem erfolglosen Angriff auf den Widerstand bei 9.870 Punkten wieder unter 9.700 Punkte zurück.
Doch das sind wie gesagt nur Anlässe für Gewinnmitnahmen, denn beides kam nicht unerwartet. China stellte auf dem Nationalen Volkskongress die wirtschaftspolitischen Weichen für die nächsten Jahre, die Wachstumsprognose für 2016 wurde bei 6,5 bis 7,0 Prozent belassen. Das ist optimistisch. Tatsächlich kann Peking zufrieden sein, wenn die untere Marke nicht unterschritten wird. Die Parteiführung hat das Land zudem auf einen harten Anpassungsprozess eingeschworen. Langfristig ist das natürlich bedenklich, besonders wenn die Erfolge der Umstrukturierung ausbleiben sollten. Kurzfristig ist für die Wirtschaft und die Börse in China aber positiv, dass Peking wieder mehr auf Konjunkturbelebung setzt. Selbst mit einer weiteren geldpolitischen Lockerung ist zu rechnen, zumal der Yuan nach dem turbulenten Januar in den vergangenen Wochen sehr stabil gehalten werden konnte.
EZB mit großer Keule?
Die wieder expansivere Geldpolitik in China ist Teil der globalen Reaktion der Notenbanken und Wirtschaftspolitiker auf die Angst vor einer Systemkrise, die im Januar um sich gegriffen hatte. Am Donnerstag wird die EZB ihrerseits nachziehen und neue expansive Maßnahmen beschließen. Die Erwartungen der Märkte sind hoch und Mario Draghi wird bemüht sein, diese nicht zu enttäuschen. Denn der seit Jahresbeginn um sich greifende Vertrauensverlust in die europäischen Banken sowie der Preisanstieg für Anleihen aus den europäischen Krisenländern gefährden den zarten Konjunkturaufschwung in der Eurozone.
Grundsätzlich freuen sich Börsianer über eine expansive Geldpolitik. Ob die Kursreaktion am Donnerstag aber tatsächlich positiv ausfällt, ist alles andere als sicher. Zum einen könnten die hohen Erwartungen, die ein maßgeblicher Grund für den Kursanstieg der vergangenen Tagen sind, enttäuscht werden. Zum anderen wird die EZB voraussichtlich ihre Prognosen für Wachstumsraten und Inflation für 2016 und 2017 senken. Das könnte die Konjunktursorgen vertiefen und die Zweifel am Erfolg der extrem expansiven Geldpolitik neu befeuern.
Fazit: Der Dax ist seit Mitte Februar um etwa 1.000 Punkte gestiegen. Das hatte zwei Grunde: Der vorherige Kursrutsch war übertrieben und die Notenbanken treten wieder mehr aufs Gas. Das ist aber keine ausreichende Basis für einen nachhaltigen Aufschwung. In den nächsten Tagen richten sich die Blicke auf die EZB-Sitzung – sie wird darüber entscheiden, ob sich die Erholungsrallye fortsetzt. Charttechnisch würde erst ein Anstieg über den Widerstand bei 9.870 Punkten weiteres Aufwärtspotential eröffnen.
Stefan Böhm ist Chefredakteur des DaxVestor.
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