Die US-Notenbank Fed hat auf ihrer gestrigen Sitzung erwartungsgemäß die Zinsen unverändert gelassen. Dennoch gab es eine echte Überraschung. Denn in den Zins-Projektionen für dieses und die nächsten zwei Jahre ruderte man erneut ein gutes Stück zurück.
Angesichts der großen Unbekannten Brexit hatte sich der Markt in den vergangenen Wochen zunehmend darauf eingestellt, dass die Fed vor dem Termin der Abstimmung am kommenden Donnerstag nichts an der eigenen Zinsfront unternehmen würde. Viel zu groß ist die Sorge, dass bei einer tatsächlichen Zustimmung der Briten zum Ausstieg aus der EU die Märkte in schwere Turbulenzen geraten. Da will auch die Fed mit kurz vorher erhöhten Zinsen nicht noch Öl ins Feuer gießen.
Schwieriges Umfeld für Zinsentscheidungen
Hinzu kam aber auch, dass im eigenen Land die jüngsten Konjunkturindikatoren eher schwach ausgefallen waren. Erinnert sei dabei nur an die Arbeitsmarktdaten, die unter Börsianern quasi als letzter Beweis gesehen wurden, dass die gestrige Sitzung hinsichtlich Zinsentscheidung ein Non-Event werden würde.
So kam es dann auch. Wobei man natürlich dennoch nicht ausschloss, dass die Zinserhöhung nur aufgeschoben ist und im Juli eventuell nachgeholt werden könnte, je nachdem, wie die Brexit-Abstimmung ausfällt.
Fed senkt Wachstumsprognose
Dennoch gab es auch eine große Überraschung. Denn in ihren neuen Wachstumsprognosen zeigt sich die Fed weniger optimistisch. So wurde die Wachstumsprognose für dieses Jahr von 2,2 auf 2 Prozent gesenkt. Im kommenden Jahr erwartet man nur ein moderates Ergebnis von 2,1Prozent.
Die Folge: Auch die Zins-Erwartungen hat die Fed nun zurückgenommen. So prognostizieren die Währungshüter nun ein durchschnittliches Zinsniveau von 1,6 Prozent zum Ende 2017 (bislang 1,9 Prozent) und 2,4 Prozent zum Ende 2018 (3,0 Prozent). Das hat auch Auswirkungen auf die Erwartungen für dieses Jahr. So hatte die Fed bekanntlich bereits im März von ihrer Erwartung von vier weiteren Zinserhöhungen in diesem Jahr Abstand genommen und war auf die Markt-Linie von zwei weiteren Erhöhungen eingeschwenkt.
Nur noch eine Zinsanhebung in diesem Jahr?
Wie sich nun auf der Sitzung zeigte, glauben inzwischen 6 von 17 Offenmarktausschuss-Mitgliedern nur noch an eine Zinserhöhung in diesem Jahr. Die anderen 11 halten bislang zwar an den zwei Erhöhungen fest, doch das kann sich bei einem tatsächlichen Brexit oder erneut schwachen Konjunkturdaten schnell ändern, obwohl die Inflationsprognose für dieses Jahr leicht auf 1,7 Prozent erhöht wurde.
Der Markt reagierte nach der Sitzung mit Abschlägen, die einen grundsätzlich positiven Handelstag am Ende zunichte machte. Was daran liegen könnte, dass im Markt nach Auskunft von Analysten bereits eingepreist sei, dass die Fed in diesem Jahr nichts mehr unternehmen könnte. Hinzu kam natürlich auch die gesenkte Wachstumsprognose. Dennoch gilt weiterhin: Echte Entscheidungen kann es erst nach der Brexit-Abstimmung geben.
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