Von Stephan Feuerstein
Noch vor DEM Termin in dieser Woche steht eine für Europa ebenfalls nicht unwichtige Entscheidung an. So tagt am Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zum Anleihekaufprogramm der EZB. Kritiker sehen in der expansiven geldpolitischen Vorgehensweise von EZB-Chef Draghi eine indirekte Staatsfinanzierung. Dies ist der Europäischen Zentralbank allerdings nicht erlaubt, deren vorderstes Ziel eigentlich die Stabilität der Währung war. Sollten die Verfassungsrichter feststellen, dass sich die EZB außerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt, dürften die Staatsanleihen sicherlich bereits vor dem Brexit entsprechend reagieren.
War es noch vor rund vier Wochen mehr oder weniger eine Randnotiz, ist der Brexit nun kurz vor dem Referendum am kommenden Donnerstag geradezu omnipräsent. Leider vermögen auch noch so viele „Brexit-Experten“ nicht den tatsächlichen Ausgang des Referendums vorauszusagen, so dass man sich mit mehr oder weniger drastischen Horrorszenarien zufriedengeben muss. So schlägt die anfängliche Ignoranz mittlerweile schon fast in eine Art Hysterie um und vor allem in Großbritannien selbst arbeitet man schon längst nicht mehr nur mit belastbaren Fakten. Eines scheint allerdings sicher: Einen wahren Gewinner wird es bei einem Brexit voraussichtlich nicht geben. Vor allem, wenn sich die wirtschaftlichen Nachteile in Großbritannien dann tatsächlich offenbaren werden. In jedem Fall wird es aber spannend bleiben, besonders auch an den Aktienmärkten!
Es ist schon sehr interessant zu sehen, wie emotionsgeladen die Bewegungen am Aktienmarkt vor der Entscheidung am Donnerstag sind. Hat der Dax in der ersten Hälfte des aktuellen Börsenmonats mal eben rund 1.000 Punkte abgegeben, sorgt die neue „Bremain-Hoffnung“ seit Ende der vergangenen Woche wieder für beachtliche Kauflaune. Damit wird aktuell Großbritannien wieder in die EU „eingepreist“, ein Brexit würde demnach dann doch zu einem größeren Rücksetzer führen. Allerdings sollte ein Dax-Niveau um etwa 10.000 Punkte auch bei einem Sieg der Euro-Befürworter noch Überraschungspotential nach oben besitzen. Eines wird aber sicher sein: Die Prämien, die als Sicherheit mittlerweile auf den Optionspreisen lasten, werden am Freitag rasch entweichen. Wer also an der Börse nicht zum Zocken unterwegs ist, sollte vielleicht einfach einmal nichts tun und zusehen.
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes "Hebelzertifikate-Trader". Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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