Von Bernd Niquet
Europa steht am Scheideweg – das kann niemanden kalt lassen, schon gar nicht Börsianer. Die Situation ist gleichermaßen verfahren wie paradox.
Verfahren, weil es so viele unterschiedliche Kontexte gibt, die jedoch alle auf einen einzigen Punkt hinauslaufen. Und paradox, weil derzeit alles danach aussieht, als ob die deutsche Kanzlerin, die die europäische Spaltung in der Hauptsache verursacht hat, auch die Einzige ist, die weit Schlimmeres verhindern kann.
Am Wochenende stehen die Bundespräsidentenwahl in Österreich und das Renzi-Referendum in Italien an. Das könnte beide Länder auf den Weg zu einem Austritt aus der EU bringen.
Besonders interessant sind die aktuellen Entwicklungen in Frankreich. Hier haben sogar Sozialisten in den Vorwahlen mit François Fillon einen katholischen Erzkonservativen zum Kandidaten für die Wahl zum Staatspräsidenten gemacht, um damit möglicherweise Marine Le Pen vom Front National zu verhindern.
Fillon gilt allerdings als großer Freund Russlands und scheint dem dortigen Präsidenten Putin durchaus nahe zu stehen. Was ja auch vom designierten US-Präsidenten Trump gemunkelt wird.
Damit geriete die EU in eine fatale Schieflage. Wie es mit der NATO weitergeht, ist ja ohnehin nicht völlig klar. Wie könnte die Achse Frankreich-Deutschland weiter halten und den Takt angeben, wenn sich dann in Osteuropa die alten Ängste potenzieren und zudem der Nationalismus die EU nicht mehr nur von außen, sondern mitten im Zentrum angreift?
Ich persönlich sehe weit und breit niemanden mit Format, der hier einen Schiffbruch verhindern könnte – mit Ausnahme von Kanzlerin Merkel.
Als sie damals alle Grenzen aufgemacht hat, habe ich mir geschworen, diese Frau niemals mehr in meinem Leben zu wählen. Doch so, wie es jetzt aussieht, werde ich mich davon wohl distanzieren müssen.
Es gibt derzeit Wichtigeres, als an alten Schwüren festzuhalten.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
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