Von Bernd Niquet
Gibt es eigentlich, außer Herrn Schäuble vielleicht, überhaupt noch jemanden, der nicht daran denkt, dass es demnächst in unserem Finanzwesen eine große Zäsur geben wird? Dass uns möglicherweise sogar ein Zusammenbruch der Finanzen droht, auf jeden Fall jedoch ein neues Regime Einzug halten wird?
Egal, mit wem ich spreche und aus welcher Richtung er kommt, eigentlich, so mein Eindruck, sind sich da alle einig.
Das bringt mich natürlich sofort auf einen der wichtigsten Leitsätze an der Börse, der da lautet: Wenn die große Mehrheit etwas erwartet, dann passiert es gerade nicht.
Woraus sich allerdings zeitgleich die wichtigsten aller Fragen ergeben, nämlich: Gilt das nun auch für die vorherige Überlegung? Wenn alle mehr oder weniger einen Crash erwarten, kann es den dann überhaupt noch geben?
Entscheidend ist, zu erwähnen, dass die Wissenschaft hier nicht helfen kann. Die Wissenschaft kann immer nur analysieren, was in der Gegenwart ist oder in der Vergangenheit gewesen ist. Um hingegen prognostizieren zu können, müsste sie wissen, was die Menschen in der Zukunft denken.
Diesen Tatbestand zu begreifen, ist gleichermaßen leicht, wie auch ungeheuer schwierig. Aber immer sowohl faszinierend als auch gleichzeitig paradox. Denn um Wissenschaft zu sein, muss die Wissenschaft genau von dem abstrahieren, was den Menschen von Automaten unterscheidet, nämlich Neues zu denken und Neues zu schaffen.
Erkennen kann ich als Mensch nur dann etwas, wenn sich in der Welt da draußen etwas wiederholt. Dann kann ich auf so etwas wie eine Regel- oder Gesetzmäßigkeit schließen.
Die Krux daran ist allerdings, dass jedes Erkennen einer Wiederholung des Alten diesem Alten gegenüber neu ist und es folglich zerstört. Jede Erkenntnis birgt also stets so etwas wie eine kreative Zerstörung in sich.
Wenn sich an den Märkten neue Meinungen ergeben, dann ist plötzlich alles, was vorher galt, obsolet. Aus diesem Grund sind Prognosen hier schlichtweg nicht möglich.
Es fragt sich allerdings, was eigentlich passiert, wenn bestimmte Positionen in einer Weise zementiert sind, dass sie Bestand haben und nicht umgeworfen werden? Geschieht dann nicht vielleicht eine Anpassung, so dass das erwartete Ereignis schließlich gar nicht mehr eintreten muss und auch nicht eintreten wird?
Das geht allerdings nur so lange gut, wie genau das noch nicht bewusst geworden ist. Die Zeitspanne hierfür schätze ich zwischen ein paar Jahren und Millisekunden.
Es fragt sich daher, ob es sich überhaupt lohnt, sich Gedanken über Dinge zu machen, die wir nicht fassen können.
Ein schönes frischgezapftes Bier zu trinken, könnte manchmal durchaus mehr bringen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
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