Von Thomas Grüner
Nach einer zwei Jahre andauernden, für viele Anleger äußerst zermürbenden Seitwärtsphase konnte der Dax im März 2017 wieder die Marke von 12.000 Punkten erreichen. Das Allzeithoch vom April 2015 ist zum Greifen nah. Parallel dazu eilen S&P 500 und Dow Jones von einem Rekord zum nächsten. Auf breiter Ebene steigen die globalen Aktienmärkte im bisherigen Jahresverlauf 2017 um rund 5 Prozent. Die Stimmung bleibt dabei verhalten bis skeptisch. Warum?
Angst regiert noch immer
Sich zu fürchten liegt im Trend: In den USA werden 2017 mehrstufige Zinserhöhungen seitens der Fed erwartet. Die Rückkehr zur Normalität ist längst eingeleitet, die „Altlasten“ aus der Weltwirtschaftskrise 2008 werden schleppend, aber sukzessive abgearbeitet. Auch in der Eurozone belegt die BIP-Entwicklung der vergangenen Jahre eine wirtschaftliche Erholungsphase, allen politischen Problemstellungen zum Trotz. Weltweit ist ein robustes Wirtschaftswachstum zu beobachten, das seit mittlerweile fast acht Jahren die fundamentale Basis für einen intakten globalen Bullenmarkt legt. Gerade in der Niedrigzinsphase ist die relative Attraktivität der Aktienmärkte zudem ausgeprägter denn je. Good News auf allen Ebenen!
Freudloser Bullenmarkt
Neue Rekorde und glänzende Aussichten – sollte das nicht Anlass zu Optimismus geben? Das Vertrauen fehlt. Der Begriff „überdurchschnittlich bewertet“ ist gerade im Zusammenhang mit den US-Aktienmärkten weit verbreitet. Dax bei 12.000 Punkten? Statt Sicherheitsgefühl macht sich eher die Meinung breit, dass die „Kursphantasie“ zu diesem Niveau stark eingeschränkt ist. Im Sinne eines Kontraindikators ist das gut so!
Noch „trauen“ sich wenige Anleger, wirklich nachhaltig optimistisch zu sein. Die möglichen Krisenherde sind nach wie vor zahlreich. Das ist aber fast IMMER so! Donald Trump treibt Anleger und Medien an den Rand des Wahnsinns. Dreht er die Globalisierung zurück und gefährdet den Weltfrieden? Der Brexit-Entscheid ist nur der Vorläufer für eine komplette Destabilisierung der Eurozone. Einzelne Länder wenden sich vom europäischen Gedanken ab und verfolgen eigene, nationalistisch geprägte Interessen. Überall geht die Angst um.
Teures Warten auf die perfekte Welt
Diese skeptische Einschätzung ist nicht neu. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch den aktuellen Bullenmarkt. In Abwärtsphasen scheuen Anleger das Risiko, dass die Märkte noch „komplett den Bach runter gehen“, in Aufwärtsphasen wird das fehlende Potential bemängelt. Wer auf das „Grüne Licht“ an den Märkten wartet, investiert nie. Oder zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, wenn Anleger euphorisch werden und längst alle Sorgen über Bord geworfen wurden. Es ist nicht ratsam, auf die perfekte Welt zu warten.
Märkte geben kein grünes Licht. Sie spielen mit der Erwartungshaltung der Anleger und preisen sämtliche Erwartungen an zukünftige Gewinne und wirtschaftlichen Entwicklungen ein. Sie kümmern sich dabei wenig um Rekordmarken, runde Indexstände und vorangegangene Entwicklungen. Nahezu idealtypisch sind dabei die Bedingungen, wenn die Welt fundamental in Ordnung ist, aber durch diverse Störfeuer eine Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung der Anleger und der Realität entsteht.
Fazit: Vor allem die politischen Störfeuer werden im Jahr 2017 den Optimismus immer wieder abdämpfen. Es ist aus Anlegersicht aber überhaupt nicht schlimm, dass die neuen Rekorde so freudlos aufgenommen werden. Es war für die Aktienmärkte noch nie die schlechteste Ausgangslage, wenn man feststellen konnte: Die Lage der Welt ist besser als die Stimmung.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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