Von Thomas Grüner
Ein Jahr nach dem Brexit-Referendum steht nun endlich der Fahrplan für den Austritt Großbritanniens aus der EU fest. Demnach endet die EU-Mitgliedschaft voraussichtlich im März 2019. Auch was den Fahrplan der Fed-Zinserhöhungen angeht, sind sich Marktbeobachter relativ einig. Nach der Leitzinsanhebung auf 1,00 bis 1,25 Prozent wird 2017 noch eine Erhöhung erwartet, im Jahr 2018 weitere drei.
Warum reagiert der Markt geradezu gleichgültig auf diese Ereignisse? Schließlich gehörten Brexit und US-Zinserhöhungen zu den absoluten Top-Themen, was übergeordnete Risikofaktoren für den laufenden Bullenmarkt anging! Aktien zeigen sich jedoch im Börsenjahr 2017 weiter robust. Der Faktor Zeit nimmt der Brexit-Diskussion die Schärfe, jeder Entwicklungsschritt kann sukzessive von den Märkten eingepreist werden. Kein Marktteilnehmer wird aufgrund der Brexit-Thematik zwei Jahre lang in Angst leben müssen. Mit der wirtschaftlichen Stärke im Rücken fällt es Anlegern auch leichter, die Zinsanhebungen als Rückkehr zur Normalität und nicht als „marktschädliche“ geldpolitische Maßnahme wahrzunehmen. Alles gut?
Gewöhnungseffekt
Nach mehr als acht Jahren im Bullenmarkt ist ein gewisser Gewöhnungseffekt zu beobachten. Das Risikoempfinden wird moderater. Dabei sind unzählige Krisenherde keineswegs aus dem Weg geräumt – sie werden nur ganz anders wahrgenommen. Donald Trump twittert immer noch! Für viele Marktbeobachter wird sein kontroverses Auftreten allerdings mehr und mehr zum Hintergrundrauschen. Terroristisch motivierte Anschläge häufen sich! Die Halbwertszeit dieser Meldungen nimmt jedoch rapide ab. Man kann Menschen nicht immer wieder mit demselben Thema schocken. Um einen wirklichen Schockeffekt zu erzeugen, der unmittelbar auf die Märkte überschwappt, braucht es immer "mehr" – oder eben eine komplett neue Thematik. Eine traurige Gewohnheit.
Für nachhaltig erfolgreiche Aktieninvestitionen ist es nicht gerade förderlich, wenn man hinter jeder Ecke das große Risiko vermutet und Anleger zu panischen Aktionen neigen. Ein „dickes Fell“ kann in einem volatilen Marktumfeld immer von Vorteil sein, und eine gesunde Portion Optimismus festigt das benötigte Vertrauen in die wachsende Weltwirtschaft. Kritisch wird es jedoch dann, wenn der Gewöhnungseffekt immer neue Stufen erreicht, und aus Gleichgültigkeit Sorglosigkeit wird. Aber so weit sind wir noch nicht!
Verhaltensregeln im reifen Bullenmarkt
Dax fast 13.000 Punkte, US-Indizes nahe ihrer Allzeithochs, überbewertete Sektoren – ist das überhaupt noch ein gesundes Einstiegsniveau? Solange sich weiterhin viele Marktteilnehmer diese Fragen stellen, ist die gefährliche Euphorie noch ein gutes Stück entfernt. Als disziplinierter Anleger sollte man sich weiterhin auf das übergeordnete Thema konzentrieren: Der globale Bullenmarkt ist intakt! Zu keinem Zeitpunkt sollte man sich emotional „mitreißen“ lassen, weder nach oben noch nach unten. Plötzlich auftretende Korrekturen werden Anleger daran erinnern, dass die aktuell ungewöhnlich volatilitätsarme Aufwärtsbewegung kein Dauerzustand ist. Die Top-Performer in den Länder- und Sektorenkategorien werden große Begehrlichkeiten wecken und die Disziplin der Anleger testen. Seien Sie auf nervösere Zeiten vorbereitet! Reife Bullenmärkte sind immer besonders ertragreich, aber ebenfalls reich an wilden Schwankungen.
Fazit: Vertrauen Sie weiter auf das globale Wirtschaftswachstum, eine begrenzte politische Einflussnahme und eine starke Käuferseite – ohne dabei die üblichen Marktrisiken auszublenden.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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