Von Bernd Niquet
Manches ist ja wirklich atemberaubend, was heute mit der Technik alles möglich ist. Da ist es völlig klar, dass das auch Ängste erzeugt.
Als ich gerade neulich gesehen habe, dass bei meiner Direktbank jetzt beim Kauf auch gleich ein Stopp-Loss-Kurs in der Kaufmaske mit eingegeben werden kann, habe ich doch mächtig gezuckt.
Denn was ist das, was wird das für eine Welt? Kann ich vielleicht bald auch auf dem Wahlzettel mit einem Extrakreuz für einen Atombombeneinsatz votieren?
Allerdings ist der Bereich, in dem noch wie im Postkutschenzeitalter gearbeitet wird, immer noch riesengroß. Und der Ärger ebenfalls. Nehmen wir nur die Berliner Verwaltung … doch lassen wir das lieber vorerst.
Wie die Buch- und Zeitungsverlage mit ihren Printmedien heute immer noch gut leben können, übersteigt meinen Verstand. Doch irgendwann werden solche antiken Menschen wie ich, die noch jeden Tag eine gedruckte Zeitung lesen, ausgestorben sein. Und dann ist Finito.
Neulich habe ich versucht, kurzfristig die Zustellung meiner Tageszeitung für ein paar Tage zu unterbrechen. Da musste ich mich belehren lassen, dass ich dies mindestens vier Tage vorher mitteilen muss.
Einen Flug nach Amerika kann ich kurz zuvor erst buchen, doch wenn ich meine Zeitung nicht haben möchte, muss ich mehr als eine halbe Woche vorher die Postkutsche losschicken. Was für ein geniales Geschäftsmodell.
Ich schreibe sogar an die Geschäftsleitung, weil mir die Zeitung sehr am Herzen liegt, doch da erfahre ich: „Dafür haben wir immer vier Tage benötigt und dafür werden wir auch in Zukunft vier Tage benötigen.“ Wetten, dass nicht!
Es gibt jedoch auch den umgekehrten Effekt. Nämlich Fälle, wo eine bessere Technik nicht zu schnellerer Arbeit führt, sondern vielmehr umgekehrt die Arbeit erst richtig ausdehnt.
Meine Nachbarin hat jetzt den Zaun an ihrer Auffahrt erneuern lassen. Ich weiß, wie man Zäune zieht und hätte so einen Zaun früher mit einem Kumpel zusammen sicherlich in zwei Tagen hingestellt.
Der Frau hat man jedoch die große Lösung verkauft, mit einem Bagger, der die Löcher für die Zaunpfähle bohrt und ausschachtet. Und so arbeiten dann vier Arbeiter mit Maschinen und Lastwagen vier Tage an dem Zaun. Und haben sogar extra einen Bauwagen auf der Straße zu stehen, wo sie bei Gewitter drin sitzen können.
Dabei denke ich an die wunderbaren Parkinsonschen Gesetze, vor allem das erste: Die Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.
Wende wir das nun auf die Technik an, könnte man vielleicht sagen: Es wird immer genau so viel Technik eingesetzt, bis das maximal vorhandene Budget komplett ausgenutzt ist.
Oder um ein Vielfaches überschritten, wie am Berliner Flughafen BER.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
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