Von Thomas Grüner
Anleger erinnern sich ungern an den August des Jahres 2011. Der deutsche Leitindex Dax verliert fast 20 Prozent, die Ängste um ein Zerbrechen der Eurozone erreichen ihren vorläufigen Höhepunkt. Auch an den US-Märkten geht es turbulent zu: Die Rating-Agentur Standard & Poor's entzieht den USA am 5. August 2011 die Bestnote bei der Kreditwürdigkeit, am nächsten Handelstag stürzt der S&P 500 um 6,7 Prozent ab. Viele Anleger fürchten, dass die USA nun endgültig von ihrer Schuldenlast erdrückt werden. Übel! Wie ging es weiter?
Weltuntergang voraus?
Der Weltuntergang blieb 2011 natürlich aus. Die USA sind nicht in der Zahlungsunfähigkeit gelandet. Der US-Dollar hat seinen Status als wichtige globale Reservewährung beibehalten. Anleger haben US-Staatsanleihen nicht fallen lassen wie heiße Kartoffeln, Pensionskassen und institutionelle Investoren mussten nicht strukturell umdenken. US-Zinsen sind nicht in die Höhe geschossen, Aktienmärkte haben keine Bruchlandung hingelegt. Aktuell stehen die Zinsen für zehnjährige US-Staatsanleihen immer noch 31 Basispunkte tiefer als zum Zeitpunkt der Bonitätsabstufung. Der breit aufgestellte Aktienindex S&P 500 hat in diesem Zeitraum 134,9 Prozent zugelegt.
In der Rückschau hat die Rating-Agentur Standard & Poor's der Welt einen großen Gefallen getan. Sie hat eindeutig nachgewiesen, dass Rating-Agenturen weder allwissend noch hellseherisch sind – und nicht besonders nützlich! Ihre Beweggründe für Abstufungen der Kreditwürdigkeit sind in der Regel rückwärts gerichtet, vom Zufall beeinflusst oder sogar beides. Investoren rund um den Globus haben sich nicht nachhaltig beeindrucken lassen, die Aktienmärkte schon gar nicht.
US-Aktienmärkte haben sich schnell von den Turbulenzen im August 2011 erholt und zu einer beeindruckenden Aufwärtsbewegung angesetzt. Kräftige, emotional getriebene und fundamental ungerechtfertigte Kursrückgänge markieren nicht selten den Startpunkt zu einer übergeordneten Kursrallye. Innerhalb einer Woche erholte sich der S&P 500 von seinem Kurssturz durch die Bonitätsabstufung. US-Aktien widersetzten sich auch im weiteren Verlauf der miesen Stimmung durch Fiscal Cliff, Schuldenobergrenze und Eurokrise. Heute blicken Anleger auf das beeindruckende Zahlenwerk der US-Aktienmärkte im laufenden Bullenmarkt und preisen passive Investments, die sich mehrheitlich auf US-Basiswerte stützen. So schnell kann die Stimmung drehen. Vor allem wenn man bedenkt, dass eine Zeitspanne von sechs Jahren für die meisten Anleger nur einen geringen Teil des gesamten Investmenthorizonts darstellt.
Kaufen – vor allem wenn es weh tut
In der Rückbetrachtung als „Aufwärtsphasen“ deklarierte Abschnitte starten oft inmitten eines V-förmigen Tiefs, die Stimmung ist an diesen Punkten dementsprechend mies. Wie im August 2011, als die zweite große Finanzkrise des neuen Jahrtausends ausgerufen wurde und der Goldpreis schwindelerregende Höhen erreichte. Genau dann muss man als Anleger in die Aktienmärkte investieren und die erste Dynamik mitnehmen! 135 Prozent Zuwachs in den nachfolgenden sechs Jahren im US-Aktienmarkt!
Fazit: Wer nur kauft, was „attraktiv“ ist, wird in der Regel schnell enttäuscht. Große Sorgen ebnen dagegen den Weg für große Erfolge. Dabei sollte man sich von den Performancezahlen einzelner Märkte nicht verwirren, euphorisieren oder auf die falsche Fährte führen lassen. Globale Diversifikation ist immer noch das beste Mittel gegen Zukunfts-Ängste und „Rückschau-Gier“.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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