Von Thomas Grüner
Erinnern Sie sich an die zahlreichen Befürchtungen zu Beginn des Börsenjahres 2017? Fast nichts davon hat sich letztendlich bewahrheitet: Präsident Trump hat im Börsenjahr 2017 weder die US-Wirtschaft, noch den globalen Bullenmarkt oder die Demokratie torpediert. Ebenso wenig wurde die globale Expansion durch Protektionismus abgewürgt oder ein Handelskrieg heraufbeschworen. In Europa haben euroskeptische Populisten nicht das Ruder übernommen. Die britische Wirtschaft hat sich trotz der anhaltenden Brexit-Thematik als robust erwiesen, eine harte Landung in China ist einmal mehr ausgeblieben.
Was gab es sonst noch?
Hohe Bewertungen haben keinen Rückgang am Aktienmarkt erwirkt, Nordkorea hat niemanden mit Nuklearwaffen bombardiert und auch die Politik der Notenbanken scheint die Märkte immer weniger zu beeindrucken. Die EZB hat in 2017 ihr „Tapering“ begonnen, die US-Notenbank Fed ihre Bilanz verkleinert und dreimal die Leitzinsen erhöht – man sollte nicht vergessen, dass diese Vorgänge in den vergangenen Jahren immer wieder als absolute Alptraumszenarien gehandelt wurden. Entweder haben sich die zahlreichen Befürchtungen in 2017 als falsche Ängste entpuppt oder sie sind tatsächlich eingetreten – und die Märkte haben sich wenig darum gekümmert.
Märkte sind effizient
Egal ob Nordkorea eine Rakete testet, eine italienische Bank pleitegeht, Trump eine Steuerreform durchsetzt oder Notenbanken ihre nächsten Schritte bekanntgeben – Märkte preisen verfügbare Informationen unmittelbar ein, noch lange bevor die meisten Marktteilnehmer sämtliche Details analysieren und einen rationalen Blick auf die nahe Zukunft entwickeln können. Wenn Aktienmärkte trotz weit verbreiteter Ängste steigen, bedeutet dies nicht, dass die Märkte falsch liegen. Viel eher ist es eine Indikation dafür, dass der Kapitalmarkt alle möglichen Szenarien bewertet hat und das wahrscheinlichste Ergebnis oberhalb der durchschnittlichen Erwartungshaltung liegt. Aus diesem Grund verfügen Aktienmärkte über eine lange Historie von nachhaltigen Aufwärtstrends, die sich inmitten von Konflikten, Katastrophen, Terror und anderen besorgniserregenden Vorkommnissen ausbilden.
Ängste 2018
Die Liste der potentiellen Gefahrenherde ist auch für 2018 lang: Zinserhöhungen der Fed, Anstieg der Inflation, Bitcoin-Crash, Midterm Elections in den USA und zahlreiche „alte Bekannte“ wie Nordkorea, Überbewertungen, Protektionismus und die Risikofaktoren Emerging Markets und China. Viele dieser Ängste sind nicht neu, und es ist im aktuellen Umfeld auch nicht wahrscheinlicher geworden, dass sich diese Einflüsse zu einer echten Gefahr für den globalen Bullenmarkt entwickeln. Das negative Überraschungspotential bleibt begrenzt.
Falsche Ängste sind nützlich! Sie sind sozusagen der Beweis dafür, dass der laufende Bullenmarkt den Vorgang noch nicht abgeschlossen hat, an der Mauer der Angst emporzuklettern. Ihre Existenz vergrößert die Distanz zu einer euphorischen Phase, in der Anleger keinen Grund mehr sehen, sich um irgendetwas Sorgen zu machen.
Fazit: Etwas optimistischer als in 2017, aber nicht euphorisch: Die Stimmungslage der Marktteilnehmer ist zum Jahresanfang 2018 typisch für die reife Phase eines Bullenmarkts. Es wird auch im neuen Börsenjahr nicht an Herausforderungen für Anleger mangeln. Auch wenn die Sorgen wechseln und eine zu hohe Risikobereitschaft eventuell die neue große Fehlerquelle sein wird: 2018 kann wieder ein guter Börsenjahrgang werden.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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