Von Bernd Niquet
Als ich zum Jahreswechsel mein Depot auswerte, staune ich über eine Position, die ich nicht regelmäßig beobachtet habe. Meine übriggebliebenen Griechenland-Anleihen, die ich noch nicht verkauft habe, haben im vergangenen Jahr 35 Prozent an Wert zugelegt.
Und seit dem Jahresanfang sind sie noch einmal extrem angestiegen, noch einmal 7 Prozent, und liegen jetzt bei einem Kurs von etwa 93 Prozent des Nominalwertes. Seit der Griechenlandkrise haben sie sich also mehr als verdreifacht und stehen jetzt beinahe bei Pari.
Wer hätte das für möglich gehalten? Ich nicht, jedenfalls nicht so schnell. Es ist fast ein Wunder.
Auch muten die Wirtschaftszahlen aus Griechenland wie ein Wunder an, denn zum ersten Mal wächst die griechische Wirtschaft jetzt wieder. Hier bin ich allerdings sehr skeptisch. Vielleicht betrifft das ein paar große Konzerne, die von der guten Weltkonjunktur profitieren, sowie den Tourismus, weil verständlicherweise nur noch wenige Urlauber in die Türkei wollen. Der Bevölkerung hingegen scheint es schlechter denn je zu gehen.
Dennoch: Alle Problemstaaten der EU, alle Südstaaten melden derzeit erstaunlich gute Wirtschaftszahlen. Deutschland ist ja der Export-Weltmeister, doch die Exporte von Griechenland, Spanien und Portugal wuchsen mit Raten von 6 bis 8 Prozent noch stärker als unsere.
Und Spanien übertrumpft uns sogar im Wirtschaftswachstum, das im dritten Jahr in Folge bei mehr als 3 Prozent liegt. Und selbst Portugal hat im Jahr 2017 beinahe 3 Prozent geschafft.
Wer hätte das für möglich gehalten? Wie ist das möglich? Zeigen jetzt tatsächlich die harten Sparmaßnahmen der Budgetkonsolidierung, wie von der Troika eingefordert, ihre Früchte?
Beispiel Portugal: Dieses Land schaffte es, die Neuverschuldung, die 2010 noch bei staatspleitenverdächtigen 11 Prozent des BIP lag, auf einen heutigen Tiefststand von nur noch 2 Prozent abzusenken. Ist es das?
Ich bin da skeptisch. Ich glaube nicht, dass diese Einsparungen der Grund für den Aufschwung sind. Ich halte die umgekehrte Kausalität für weit wahrscheinlicher, nämlich dass der Aufschwung der Weltwirtschaft, an dem diese Länder partizipieren, die Ursache dafür darstellt, dass man das Budget erfolgreich konsolidieren konnte.
Doch es wird sehr interessant und spannend sein, die Situation weiter zu verfolgen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
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