Von Thomas Grüner
Die angekündigten Zinserhöhungen der US-Notenbank treiben Anlegern Sorgenfalten auf die Stirn. Eine mögliche Eskalation des „Handelskrieges“ erhitzt die Gemüter. Donald Trump sorgt permanent für Unruhe und angesichts der anstehenden "Midterm Elections" in den USA am 6. November ist davon auszugehen, dass er noch stärker in den aggressiven Wahlkampfmodus übergehen wird. Mark Zuckerberg wird vom US-Kongress auseinandergenommen und die Korrektur an den globalen Aktienmärkten im ersten Quartal 2018 ruft bei Anlegern unangenehme Erinnerungen an die „böse“ Volatilität hervor. Crash-Propheten haben Hochkonjunktur, diverse Hedgefonds-Manager setzen auf eine Talfahrt. Ist die Welt am Abgrund?
Stimmung bleibt angeschlagen
Schlagzeilen verursachen Lärm und lenken den Blick auf kurzfristige Störfaktoren, die teilweise sogar jegliche Marktrelevanz vermissen lassen. Sie beeinflussen die Marktstimmung und Anleger, die von den resultierenden Stimmungsschwankungen erfasst werden, wechseln auf die Verkäuferseite. Der kurzfristige Einfluss auf die Marktentwicklung, die nun mal von Angebot und Nachfrage diktiert wird, ist unbestreitbar. Für den mittel- bis langfristigen Blickwinkel ist es für Investoren jedoch unerlässlich, einen Blick auf die fundamentalen Fakten zu werfen. Diese relativieren das aktuell „düstere“ Bild erheblich.
Das reale BIP in der Eurozone wächst seit 19 Quartalen ununterbrochen und die Prognosen der Europäischen Kommission schätzen, dass sich dieses Wachstum fortsetzt – mit jeweils 1,5 Prozent in den Jahren 2018 und 2019. Die Zinsstrukturkurven sind nicht invers, in Europa ist sie sogar noch etwas steiler als in den USA. Die Bereitschaft zur Kreditvergabe seitens der Banken ist robust, Liquiditätsengpässe sind nicht zu erwarten. Das absolute Zinsniveau ist immer noch extrem niedrig und eröffnet vielfältige Möglichkeiten im Bereich der Fremdfinanzierung, für private Haushalte und Unternehmen gleichermaßen. Unter großem Aufsehen sind die Einkaufsmanagerindizes zurückgegangen, sie befinden sich allerdings immer noch oberhalb der magischen Grenze von 50 – Wachstum voraus!
LEI sieht gut aus
Der Leading Economic Index (LEI) befindet sich auf einem Allzeithoch und bestätigt seine steigende Tendenz. Zudem befindet sich die Arbeitslosenquote in Europa auf dem niedrigsten Niveau seit Dezember 2008. Mehrheitlich sind die global aufgestellten Unternehmen aus bilanziellen Gesichtspunkten so stabil wie noch nie. Zusammengefasst: Das fundamentale Umfeld zeigt sich im laufenden Bullenmarkt weiterhin von seiner robusten Seite. Die Welt wächst – auch wenn diese extrem wichtige Tatsache bei vielen Marktbeobachtern nicht im Fokus steht. Negative Sachverhalte werden mehr beachtet als die fundamental intakte Lage im übergeordneten Bild. Die Wirtschaft profitiert von politischen Pattsituationen! Global betrachtet sind die Zollbarrieren viel niedriger als noch vor wenigen Jahrzehnten! Das Niedrigzinsniveau hat seine positiven Auswirkungen noch längst nicht voll entfalten können – dieser Prozess wird sich auch bei steigenden Zinsen noch weiterentwickeln!
Fazit: Wie passt das alles zusammen? Unzählige böse Vorahnungen, Crash-Warnungen und doch eine derart robuste wirtschaftliche Lage? Es verdeutlicht die Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung und der Realität, die sich in der aktuellen Korrektur wieder „zu Gunsten“ der Realität entwickelt hat. Übergeordnete Marktbewegungen entstehen, um genau diese Diskrepanz auszugleichen. Es gilt nach wie vor: Die Welt ist besser als sie scheint.
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Thomas Grüner ist Firmengründer und Chief Investment Officer der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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