Von Bernd Niquet
Das Wetter draußen erinnert gegenwärtig an eine riesige Aktienhausse. Hauptmerkmal: Niemand kann sich entziehen. Es gibt Nächte, die als Sommertage durchgehen würden. Wie in der Aktienhausse, wo selbst vergleichsweise schlechte Börsentage noch jeden normalen Börsentag schlagen.
Was mich zu der interessanten Frage bringt: Sind Börsenhaussen eigentlich vom Menschen gemacht? Oder sind sie wie der Klimawandel von der Sonnenaktivität oder sonst etwas anderem Natürlichen abhängig?
Man könnte noch viel forschen und tut das ja auch. Am Polarkreis hatten wir kürzlich 29 Grad. Aber Gletscher sind ja in der Geschichte immer mal wieder abgetaut. Wie eine Kühltruhe. Und die springt danach auch wieder an.
Und wie immer in solchen Phasen, so ticken auch in dieser viele Menschen einfach aus. Wenn in Berlin eine bestimmte Temperatur erreicht ist, fangen in gewissen Bezirken biertrinkende junge Männer an, öffentlich laut herumzugrölen.
Das sind Naturgesetze, da regt sich niemand mehr auf.
Und wenn ich dann bei so einem Wetter durch die Innenstadt von Berlin radele, durch Kreuzberg, und auf das achte, was ich rieche und höre, habe ich den Eindruck, in einer arabischen Stadt zu sein, die gerade von vielen amerikanischen Touristen besucht wird.
Als ich dann jedoch am noblen Kurfürstendamm in einem Selbstbedienungsladen mehrmals mein Essen fotografiere, wie ich das aus Gründen der chronologischen Erfassung immer tue, und dabei den Blitz einschalte, weil das bessere Farben macht, fühlt sich ein älteres Ehepaar unzulässigerweise selbst fotografiert.
Ich frage: Soll ich Ihnen deshalb jetzt meine Fotos zeigen, um zu beweisen, dass ich nicht sie, sondern mein Essen fotografiert habe? Darauf sagt er zu ihr: Komm, dann rufen wir eben die Polizei. Die jedoch hatte natürlich anderes zu tun.
Wie gesittet geht es dagegen doch in Börsenhaussen zu. Aber auch wie langweilig und eindimensional.
Doch eigentlich könnten wir mal wieder eine haben, eine Hausse, oder? Oder sind wir nicht sogar noch in einer drin? Irgendwie habe ich da etwas den Überblick verloren.
Vielleicht ist das aber der entscheidende Unterschied zwischen dem Sommer und der Börse: Ob das Wetter gut ist oder nicht, das weiß ich immer am selben Tag. Ob die Aktienkurse jedoch heute hoch oder tief stehen, das weiß ich gemeinhin immer erst morgen.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
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