Von Thomas Grüner
Europäische Anleger blicken 2018 wieder einmal neidisch über den großen Teich. Das BIP-Wachstum in den USA ist dynamischer, die Unternehmensgewinne sind auf einem höheren Niveau und die US-Steuerreform verleiht den Märkten neuen Schub. Zudem kann man die USA eindeutig als Hauptprofiteur der Outperformance des Technologie-Sektors ausmachen. Seit Jahren haben sich die US-Märkte als absolutes Zugpferd des globalen Bullenmarkts etabliert.
Beeindruckende US-Performance
Ausgehend vom März des Jahres 2009 haben die US-Aktienmärkte 418 Prozent zugelegt, Nicht-US-Märkte „nur“ 179 Prozent. Während in den USA Rekorde bezüglich der längsten zeitlichen Dauer einer Aufwärtsphase gefeiert werden, schlägt man anderswo in der Welt eher moderatere Töne an, insbesondere in Europa. Welche Schlüsse kann man daraus für die nahe Zukunft ziehen? Ist die große Action in 2018 und darüber hinaus nur in den USA zu finden?
Europa mit Problemen
Es zieht sich wie ein roter Faden durch die vergangenen Jahre des laufenden Bullenmarkts, dass Europa weit weniger zu glänzen vermag als die USA. Gerade in der Eurozone ist die Entwicklung im direkten Vergleich eher schleppend. Seit Jahren dominieren politische Uneinigkeit, populistische Anti-Euro-Stimmen und Brexit-Sorgen das Bild. Deutsche Anleger könnten definitiv in die Stimmung verfallen, den Erfolg bei Aktienanlagen maßgeblich in den USA zu suchen.
Dabei würde man allerdings ignorieren, dass die Führungsrolle an den Aktienmärkten natürlicherweise wechselt. Dies ist sogar im laufenden Bullenmarkt der Fall, auch wenn man aktuell den Eindruck gewinnen könnte, dass die US-Outperformance ein permanenter Zustand ist.
Vom Start des Bullenmarkts bis zum 09. September 2011 haben sich allerdings die Nicht-US-Märkte besser entwickelt. Bis zum Jahr 2018 folgten viele weitere relative Schwächephasen der US-Märkte, auch wenn die Gesamtperformance deutlich für die USA spricht.
Fundamentaldaten und Marktstimmung
Um die relative Performance einzelner Länder oder Regionen strategisch einzuschätzen, braucht es definitiv mehr, als die jüngste Performance in die nahe Zukunft zu projizieren. Es ist auch nicht damit getan, fundamentale Faktoren einzuschätzen, die tendenziell rückwärts gerichtet sind. Wichtig ist vor allem der Zusammenhang, wie sich die fundamentalen Daten in die vorherrschende Marktstimmung einfügen. Die Bewegungen der Aktienmärkte in den nächsten drei bis 30 Monaten wird maßgeblich davon beeinflusst, wie sich die Diskrepanz zwischen Realität und Erwartungshaltung der Anleger entwickelt. Mehr Optimismus bedeutet, dass die Realität eine höhere Hürde zu überwinden hat, um positiv zu überraschen. Aktuell schätzen wir die Situation so ein, dass in den USA das Sentiment relativ zu den fundamentalen Daten schon „aufgewärmter“ ist als in zahlreichen anderen entwickelten Ländern – insbesondere der Eurozone.
Fazit: USA gegen den Rest der Welt – dieser Ausspruch könnte maximal in einer aggressiven Wahlkampagne von Donald Trump auftauchen, sollte von Anlegern jedoch sehr differenziert betrachtet werden. Ein global aufgestelltes Portfolio antizipiert die Tatsache, dass die Führungsrolle in den Märkten stetig hin- und herwechselt. Auch wenn die USA aktuell glänzen: globale Diversifikation ist Trumpf. Zur Fehlervermeidung im Bullenmarkt gehört es auch, sich von positiven Kursverläufen nicht zu ungerechtfertigt gesetzten Schwerpunkten im Portfolio verleiten zu lassen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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