Von Bernd Niquet
Auch nach der Ereignissen in Chemnitz heißt es jetzt wieder überall: Der Rechtsstaat ist es! Er wird es machen und uns retten!
Wer nicht mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist, dem werden allerdings sicherlich manche Formulierungen in diesem Bereich durchaus Schwierigkeiten machen: Gegen Rechts, aber für den Rechtsstaat. Hä? Das ist nicht leicht auf einen Nenner zu bringen. Oder besser: Vom gemeinsamen Nenner wieder herunterzubekommen.
Ja, ja, der Rechtsstaat. Aber was ist das eigentlich? Ich habe viel darüber gelesen, will hier aber lieber mal ein paar eigene Erfahrungen bringen:
Rechtsstaat ist für mich, wenn ich bedroht werde und die Polizei mir erst dann helfen wird, wenn ich bereits tot oder verletzt bin.
Rechtsstaat ist für mich, dass ohne Rechtsschutzversicherung nichts läuft. Wer den besten Anwalt hat, hat die besten Chancen. Und ohne Anwalt ist man von vornherein verloren.
Rechtsstaat ist für mich, dass die Feinde unserer Demokratie mindestens die gleichen Rechte besitzen wie deren Unterstützer. Meist sogar weitergehende.
Rechtsstaat ist für mich, dass alles ewig und drei Tage dauert.
Rechtsstaat ist für mich, dass die einen ungeniert Gesetze brechen können, die anderen jedoch nicht. Schauen wir nur auf unsere Kanzlerin.
Natürlich sind Gewaltaktionen wie in Chemnitz keinesfalls zu dulden. Doch war es nicht gerade der Rechtsstaat, der uns – sowohl durch seine eigene Aushebelung als auch durch seine extreme Auslegung – erst in die Lage gebracht hat, in der wir heute sind?
Wenn ich heute in meinem mondänen Berliner Außenbezirk, wo es unter 5.000 Euro den Quadratmeter keine Wohnungen mehr zu kaufen gibt, mit den entsprechenden Mietpreisen von bis zu 20 Euro/qm, in den Rewe-Markt gehe, treffe ich dort immer öfter auf Gruppen von fremdländisch aussehenden Menschen, die den Eindruck machen, als hätten sie unser Land erfolgreich besetzt.
Alle Verkäuferinnen schütteln den Kopf, doch niemand sagt etwas. Man möchte ja kein Rechter sein, sondern lieber für den Rechtsstaat. Doch wo ist der denn? Lieber Rechtsstaat – bitte kommen!
Ganz in der Nähe wohnt übrigens der linke Menschenfreund Jakob Augstein. Ihn habe ich jedoch noch nie im Rewe gesehen. Der wird sich seine Sachen auch sicher direkt vom KaDeWe liefern lassen. Denn ansonsten würde ihm wahrscheinlich die Couleur für seine Kolumnen ausgehen.
Ach, was sind das auch für Zeiten heute.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* DAS ENDE EINES LANGEN ZYKLUS *** NEUES BUCH *******
Bernd Niquet, „IN TIEFSTEN SCHICHTEN“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2015, 327 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3-95744-926-9.
Am besten portofrei direkt beim Verlag bestellen: www.engelsdorfer-verlag.de/db/autorwerke.php
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