Von Stephan Feuerstein
Eigentlich besagt der zweite Teil der alten Börsenweisheit „sell in may and go away“, dass man im September wiederkehren soll. Allerdings hat sich der Aktienmarkt in diesem Jahr nicht verlässlich an der üblichen saisonalen Kurve orientiert, so dass man durchaus auch den restlichen Verlauf des Jahres etwas kritischer betrachten sollte.
Risiken nehmen zu
Bereits in der vergangenen Woche hatte ich an dieser Stelle auf die diversen Risiken hingewiesen. Diese gibt es zwar nicht erst seit ein paar Tagen, allerdings waren Sie von den Anlegern im Vorfeld noch nicht als so wichtig eingestuft worden. Das ändert sich nun, so dass entsprechende Risiken aktuell in die Kurse eingepreist werden. Dabei darf man gespannt sein, wie sehr sich das „Gummiband“ zwischen Realität und Handlung an den Börsen dehnen wird. Der bekannte Börsenprofi André Kostolany verglich die Aktienkurse einmal mit einem Mann, der mit seinem Hund spazieren geht. Eine Weile wird der Hund seinem Herrn hinterherlaufen. Dann überholt er ihn rasch und läuft eine Weile voraus, um dann doch wieder hinter ihm herzulaufen. Der Herr stellt dabei den fundamentalen Wert eines Unternehmens dar, der Hund den Aktienkurs. Führt das aktuelle Einpreisen von Risiken daher zum Auslösen weiterer Verkaufsorders, kann sich daraus rasch eine Kettenreaktion ergeben, bei der dann eine entsprechende Korrektur die Folge ist. Wie aber bereits erwähnt, dehnt sich das Gummiband sowohl nach oben wie auch nach unten, so dass bei einer panikartigen Verkaufswelle die besonnenen Anleger unten die Hand aufhalten, während die „zittrigen Hände“, wie sie ebenfalls Kostolany genannt hatte, unten verkaufen.
Antizyklisch handeln – aber wie?
Dass man an der Börse mit antizyklischem Verhalten Geld verdienen kann, ist sicherlich keine Neuigkeit. Allerdings muss dieses Thema schon differenziert betrachtet werden. Schließlich würde man sich in starken Trendmärkten mit einer solchen Strategie immer wieder eine blutige Nase holen. Es gilt daher darauf zu achten, wann ein Markt zu einer Über- oder Untertreibung neigt, wie wir etwas weiter oben bereits dargestellt haben. Gerade in Endphasen ausgeprägter Trends werden gegenteilige Signale oftmals nicht rechtzeitig wahrgenommen. Genau dann ist aber der Zeitpunkt für ein antizyklisches Handeln ideal. Allerdings können Endphasen von Trends durchaus noch einmal sehr heftig erfolgen. Im aktuellen Fall bietet es sich an, zumindest die eine oder andere „antizyklische Position“ im Depot zu haben. Wir hatten im Hebelzertifikate-Trader daher zuletzt Short-Positionen auf den Dax oder auf Fraport aufgebaut. Zyklisch hatten wir hingegen mit der Long-Position auf den Ölpreis reagiert. Damit wird deutlich, dass es nicht „die eine, richtige Vorgehensweise“ gibt, sondern man eben im Einzelfall wählen muss, ob man mit oder gegen die Masse an den Märkten schwimmt.
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes "Hebelzertifikate-Trader". Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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