Von Stephan Feuerstein
Es gibt an den Märkten vier verschiedene Abschnitte, die sich aus dem Verhalten der Anleger ergeben. „Buy on good news“ bedeutet, dass die Akteure aufgrund guter Nachrichten kaufen. Dies dauert so lange, bis die guten Nachrichten nicht mehr ausreichen, um die Kurse weiter nach oben zu treiben. Dann wird auch bei guten Nachrichten verkauft und die Notierungen fallen in den Abschnitt „sell on bad news“. Wenn dies zu erkennen ist, dürfte die untere Trendwende nicht mehr lange auf sich warten lassen, so dass dann der letzte Abschnitt folgt, in welchem alle schlechten Nachrichten eingepreist sind und man auf niedrigem Kursniveau wieder beherzt zugreift – trotz der dann noch schlechten Nachrichten. In welchem Abschnitt befinden wir uns nun?
Zuletzt hatte man sich auch aufgrund der Trumpschen Steuerreform in den USA geradezu nach oben gefeiert. Das niedrige Zinsumfeld gab zudem seinen Teil dazu bei, so dass Alternativen zum Aktienmarkt unattraktiver geworden sind (mit Ausnahme des hiesigen Immobilienmarktes). Nun stellt sich aber die Frage, ob die zuvor erklommenen Kursniveaus vielleicht etwas zu hoch waren, denn schließlich haben mehr oder weniger im Verborgenen diverse Gefahrenherde geschlummert beziehungsweise sich auch durch das politische Tagesgeschehen ergeben.
Italien als Auslöser der nächsten Finanzkrise?
EZB-Präsident Mario Draghi hatte das italienische Regierungsbündnis aus der populistischen „Vier-Sterne-Bewegung“ und der europakritischen „Lega Nord“ davor gewarnt, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Immerhin „zündelt“ die italienische Regierung mit der geplanten Neuverschuldung und könnte damit die nächste Finanzkrise heraufbeschwören. Die Märkte haben daher entsprechend reagiert. Bei einer Fortsetzung des Eskalationskurses Italiens dürften auch die Aktienkurse weiter purzeln, so dass man das Geschehen dort aktuell besonders im Auge behalten sollte. Dies vor allem auch im Hinblick auf eine mögliche Zinswende hierzulande. Diese würde die italienischen Kredite verteuern und das Land näher an den finanziellen Abgrund rücken. Im Gegensatz zu Griechenland ist Italien aber „too big to fail“, so dass eine europäische, gemeinsame Rettung Italiens keine wahrscheinlich Option ist.
Steigende Zinsen sind auch in den USA zu erkennen. Sollte die Konjunktur weiterhin auf Hochtouren (heiß-)laufen und die Inflation allmählich anziehen, dürfte es auch im kommenden Jahr weitere Zinsanhebungen geben. Dies sollte sich dann als Dämpfer für den Aktienmarkt erweisen. Zu großem Erstaunen führten zuletzt die Anfeindungen des US-Präsidenten gegenüber der unabhängigen Institution Federal Reserve. Ähnlich wie der türkische Präsident Erdogan scheint auch Trump nicht den Sinn einer unabhängigen Notenbank verstanden zu haben. Sollte er daher weiter die FED in Frage stellen, ergibt sich ein weiteres Signal des Vertrauensverlustes der Marktteilnehmer. Damit ergeben sich noch genügend negative Nachrichten, auf die bislang noch nicht erschöpfend reagiert wurde. Insofern dürften wir noch nicht beim Abschnitt „sell on bad news“ angelangt sein!
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes "Hebelzertifikate-Trader". Weitere Informationen zum Börsenbrief finden sie hier.
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