Von Thomas Grüner
Durch seinen Mythos als ultimative Absicherung gegen den Kollaps des Finanzsystems wird Gold von zahlreichen Anlegern stets als attraktive Anlageklasse identifiziert. Dazu gesellen sich in bestimmten Marktphasen immer wieder Anleger, die primär auf attraktive Renditechancen aus sind – vorwiegend passiert dies genau dann, wenn Gold in der jüngsten Vergangenheit eine ordentliche Performance aufweist.
Zu Beginn des Jahres 2019 befinden wir uns in einer derartigen Situation. Seit dem temporären Tiefpunkt im August 2018 ist der Goldpreis um 14 Prozent gestiegen, im selben Zeitraum ist die Wertentwicklung des MSCI World Index trotz der dynamischen Erholungsbewegung zu Jahresbeginn negativ. Mittelzuflüsse in Gold-ETFs bestätigen das gesteigerte Interesse, das sich nach dem kräftigen Bärenmarkt im Anschluss an das Allzeithoch 2011 erst wieder schrittweise aufbauen musste. Grund genug für viele Marktkommentatoren, diverse Vorteile einer Gold-Investition wieder in den Fokus zu rücken. Wie attraktiv ist Gold in 2019 wirklich?
Wirksamer Schutz gegen Volatilität?
Um eine wirksame Absicherung gegen Marktvolatilität darzustellen, müsste sich der Goldpreis in den kritischen Phasen gegensätzlich zu den Aktienmärkten bewegen. Ein Blick in die Historie zeigt jedoch, dass die jüngste Korrekturphase 2018 keinen Standard darstellt. In den zwölf Korrekturen an den globalen Aktienmärkten seit 1980, mit Kursverlusten zwischen 10 und 20 Prozent, hat sich der Goldpreis sieben Mal ebenfalls negativ entwickelt. Auch in den elf Kalenderjahren, die seit 1980 an den Aktienmärkten negativ ausgefallen sind, fällt die Bilanz des Goldpreises „nur“ ausgeglichen aus. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass die Anlageklasse Gold selbst mit einer hohen Volatilität einhergeht, stellt sie also keinen wirksamen Schutz gegen die Kapriolen am Aktienmarkt dar. Für viele Anleger besitzt Gold eben nicht bedingungslos den Status eines „sicheren Hafens“ und dementsprechend ist die Nachfrage in „Krisenzeiten“ durchaus wechselhaft.
Rückenwind durch niedrige Zinsen?
Einige Marktkommentatoren sind der Meinung, dass das Niedrigzinsumfeld der Attraktivität von Gold zusätzlichen Schub verleiht. Als direkter Konkurrent im Ringen um die Gunst konservativer Anleger würden festverzinsliche Anlagen auf ihren Hauptvorteil – laufende Erträge – weitgehend verzichten müssen. Dies wirft allerdings die Frage auf, welcher Konvention man nun Glauben schenken sollte. Gold gilt auch als wirksamer Inflationsschutz. Andererseits geht hohe Inflation typischerweise auch mit höheren Zinsen einher. Wovor beschützt uns der Goldpreis dann eigentlich? Zudem geben die langfristigen Daten für US-Staatsanleihen keine Hinweise darauf, dass niedrige Zinsen tatsächlich Rückenwind für den Goldpreis bedeuten.
Fazit: Es wird immer Marktphasen geben, in denen Gold besonders glänzt. Immer dann, wenn Gold verstärkt ins Visier der Renditejäger gerät, sollte man die generellen Rahmenbedingungen beachten. Der Goldpreis selbst ist teilweise extrem volatil, er stellt dabei keine konsistente Absicherung gegen die Volatilität alternativer Anlageklassen dar und profitiert auch nicht besonders von niedrigen Zinsen. Im langfristigen Bild reicht die jährliche Gold-Rendite nicht an die Ergebnisse der Aktienmärkte heran, laufende Erträge über Zinszahlungen oder Dividenden sind nicht existent. Perfektes Timing ermöglicht durchaus hohe Renditen – wer allerdings für sich selbst beansprucht, nachhaltig erfolgreiches Markttiming zu betreiben, der sollte sowieso auf lukrativere Anlageklassen ausweichen.
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Thomas Grüner ist Gründer und Vice Chairman der Vermögensverwaltung Grüner Fisher Investments. Weitere Informationen unter www.gruener-fisher.de.
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