Von Bernd Niquet
Ich muss gestehen, dass mir die Bewegung unserer Jugend um die Schülerin Greta Thunberg immer besser gefällt. Natürlich kann man mit Schulschwänzen die Welt nicht ändern. Und natürlich ist der Ansatz radikal und die Chance auf Verwirklichung sehr klein.
Doch ich finde es phantastisch, dass und wie die Jugend sich einmischt. Mir gefällt das besser als die 68er. Es ist intelligenter, zukunftsorientierter, weniger einäugig und vor allem gewaltfreier. Wenn nicht die Jungen, wer sonst? Wir Alten haben doch die Karre total in den Dreck gefahren.
Und dass den ganzen Sportwagen- und SUV-Fahrern jetzt ein schlechtes Gewissen gemacht wird? Serves them right. Heute denken doch in Deutschland mehr SUV-Fahrer an Pädophilie als an Umweltschutz. Warum sie daher nicht symbolisch an ihren Schwänzen aufhängen? Da macht man doch nichts verkehrt, selbst wenn das nicht viel nützt.
Natürlich wird jetzt mehr mit der Moral als mit dem Verstand argumentiert. Doch hat in den vergangenen Jahrzehnten irgendjemand mit dem Verstand etwas bewirkt? Was soll daher der Vorwurf, rein moralisch zu argumentieren? Fänden die Leute, die das kritisieren, es besser, wenn die Jugend Gewalt anwenden würden? Sollen sie Waffen einsetzen?
Wenn ich mir die Autowerbung im Fernsehen anschaue und mir auf dem Supermarkt-Parkplatz die ganz fetten Männer in ihren riesigen Autos anschaue, fühle ich mich sowieso eher in einem Monty Python-Sketch als in der Wirklichkeit. Hätte mir jemand vor dreißig Jahren gesagt, dass unsere Zukunft einmal so aussehen könnte, hätte ich ihn ausgelacht.
Natürlich geht es nicht ohne Autos. Ganz Deutschland lebt von den Autos wie die Pädophilen vom Frischfleisch. Natürlich bleibt unser Wohlstand nur erhalten, wenn wir prinzipiell so weitermachen wie bisher. Und ich könnte nicht sagen, dass mir das sehr unangenehm ist. Dennoch ist meine Sympathie für Jugend riesengroß.
Denn wer soll noch dagegen sein, wenn nicht sie? Wer stellt sich gegen die alten Kader? Wer sagt heute noch nein, wo ansonsten alle willig mitspielen?
Wer steuert die Karre in die Zukunft? Das sind nicht die fetten Alten, die ihre Schäfchen bereits im Trocknen haben. Den jetzt an der Macht befindlichen Politikern kann doch egal sein, was passiert, sie werden das ja nicht mehr erleben.
Und was ist denn die Alternative? Dass die Jugendlichen Investmentbanker werden? Oder im Bayer-Konzern Karriere machen?
Ich freue mich über jedes Gegengewicht. Egal, was es bringt. Daran darf man vorher nicht denken. Und wer genau wissen möchte, was ich meine, schaue sich bei YouTube das Jackass-Video „Golf Course Airhorn“ an.
Ach, wie schön, dass ich selbst nie wirklich erwachsen geworden bin. Jedenfalls nicht so, wie diejenigen, die heute darauf pochen, das zu sein.
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein neues Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. VIERTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2018, 618 Seiten, 18 Euro
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Bernd Niquet erzählt darin die Geschichte vom ungewöhnlichen Leben seines Protagonisten weiter. Auch dieses Mal geht es um die grundlegende Frage, an der der Autor seit mittlerweile drei Jahrzehnten arbeitet, nämlich wie sich das Leben und die Reflexionen darüber im Zeitablauf entwickeln und verändern. Und wie bei jeder echten Entwicklungsgeschichte, so ist auch hier kein Ende absehbar. Die ersten drei Bände von »Jenseits des Geldes« sind in den Jahren 2011 bis 2013 im Engelsdorfer Verlag erschienen, und die nächsten drei Teile existieren bereits in Rohform und werden vom Einbruch der Flüchtlingskrise in die abgeschottete Welt, von anwachsenden Auseinandersetzungen sowie einem niemals für möglich gehaltenen Zerwürfnis handeln.
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