Von Bernd Niquet
Mein Ärger und mein Verdruss sind nahezu grenzenlos. Wir stehen an einem Scheideweg unserer Geschichte, doch weder die Altparteien noch die Altmedien sind auch nur ansatzweise in der Lage, den Menschen die Fakten aufzubereiten.
Die einen sehen unsere Welt untergehen, wenn wir jetzt nicht schleunigst etwas unternehmen, die anderen hingegen sehen das alles als nicht so gravierend an.
Doch es findet in der Öffentlichkeit kein Dialog über die Faktenlage und den Stand der Wissenschaft statt. Niemand vermittelt, niemand erklärt. Die Medien versagen komplett und sind nur am Getratsche interessiert. Ein Abwägen der Fakten schaffen sie nicht.
Wenn es hoch kommt, liest man, dass A dem B vorwirft, falsche Fakten zu benutzen. Doch damit ist die inhaltliche Auseinandersetzung dann zu Ende.
Ich habe mich daher entschlossen, der Redaktion der Zeitung, die mich beinahe mein gesamtes Leben lang begleitet hat, einen wütenden Brief zu schreiben. Er sieht so aus:
Sehr geehrte Damen und Herren, bei mir in der Familie wurde seit Generationen Ihre Zeitung gelesen und die CDU oder die SPD gewählt. Doch mit beidem ist jetzt Schluss. Und ich denke, die Gründe sind ziemlich identisch.
Da bringt ein junger YouTuber das System ins Beben und erreicht mit seinem Video über die CDU, bei dem es mir hier hauptsächlich um die Thesen zum Klimawandel geht, nahezu jeden fünften Wähler in der Bundesrepublik.
Das ist also durchaus so etwas wie ein nationales Ereignis.
Ich bin begeistert von diesem Video, jedoch ebenso schnell auch wieder verunsichert, als dann Gegenvideos auftauchen, die zeigen wollen, dass das doch alles gar nicht so schlimm sei.
Was trifft denn nun zu? Stimmt das mit der Einigkeit der Wissenschaft? Oder stehen dahinter hauptsächlich kommerzielle Interessen? Und was ist mit der Vergangenheit? Gab es in der länger zurückliegenden Geschichte nicht schon einmal eine viel höhere CO2-Konzentration? Und wie ist das zu bewerten?
Von da an warte ich auf meine Zeitung. Ich warte auf Sie, dass Sie sich dieses Themas annehmen und es für mich einordnen. Was ist an der Kritik des jungen Rezo dran, was hingegen ist nicht haltbar?
Ich warte auf Sie, denn ich vertraue Ihnen. Ich vertraue Ihrer Einschätzung. Bei den YouTubern hingegen weiß ich das nicht.
Sie schreiben ja auch über diesen Fall. Schreiben, dass die CDU hilflos sei. Doch was ist mit Ihnen? Wo bitte bleiben die Fakten? Sie schreiben, was der eine über den anderen oder die andere denkt, und was aus diesen Meinungen für unser Land erwachsen könnte.
Doch wo bleiben die harten Fakten? Wo ist bitte der Faktencheck?
Ich denke: Das kann doch nicht wahr sein, das kurz vor einer so wichtigen Wahl so etwas passiert, und meine Zeitung, eine der bedeutendsten Zeitungen des Landes, lässt die Leser im Regen stehen. Nur das immergleiche Gefasel, was das wohl in Hinsicht auf die Politik bedeuten könnte.
Doch ich will keinen Klatsch und Tratsch mehr! Hören Sie auf, sich über andere Menschen zu ereifern! Wechseln Sie in das Reich der Fakten! Und wenn Sie nicht wissen, was das ist, schauen Sie im Duden nach!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wirken für mich in diesem Fall nicht nur komplett hilflos, es gibt Sie anscheinend sogar gar nicht mehr. Jedenfalls nicht in dem Bereich, der von Relevanz ist. Und ich denke, das gilt für alle Medien. Die Altmedien sind genauso hilflos wie die Altparteien.
Was soll ich mit Ihnen beiden noch anfangen? Denn dieser Fall steht ja nur pars pro toto. Ich habe es aufgegeben, von Ihnen faktenorientierte Einordnungen der Dinge erhalten zu können.
Und was den Bankrott so fatal macht: Ich bin jetzt 62 Jahre alt und ich muss mich ins Internet aufmachen, um mir dort die Fakten, Bewertungen und Einordnungen zu besorgen, die mir die alte Ordnung nicht liefern kann oder nicht liefern will.
Was meinen Sie, was mit all den anderen ist, die weit jünger sind als ich? Für die sind Sie doch nichts anderes als Nachtgespenster. Am besten fangen Sie daher noch schnell an, ein Gute-Nacht-Lied anzustimmen. Bevor es selbst dafür zu spät ist.
Herzlichst Ihr Bernd Niquet
Anregungen oder Kritik bitte an Bernd Niquet.
******* Von Bernd Niquet ist ein neues Buch erschienen *******
Bernd Niquet, „Jenseits des Geldes. VIERTER TEIL“, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2018, 618 Seiten, 18 Euro
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Bernd Niquet erzählt darin die Geschichte vom ungewöhnlichen Leben seines Protagonisten weiter. Auch dieses Mal geht es um die grundlegende Frage, an der der Autor seit mittlerweile drei Jahrzehnten arbeitet, nämlich wie sich das Leben und die Reflexionen darüber im Zeitablauf entwickeln und verändern. Und wie bei jeder echten Entwicklungsgeschichte, so ist auch hier kein Ende absehbar. Die ersten drei Bände von »Jenseits des Geldes« sind in den Jahren 2011 bis 2013 im Engelsdorfer Verlag erschienen, und die nächsten drei Teile existieren bereits in Rohform und werden vom Einbruch der Flüchtlingskrise in die abgeschottete Welt, von anwachsenden Auseinandersetzungen sowie einem niemals für möglich gehaltenen Zerwürfnis handeln.
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